Rainer Unruh
Pedro Cabrita Reis
»One after another, a few silent steps«
Hamburger Kunsthalle, 31.10.2009 – 28.2.2010
Der Kontrast könnte kaum größer sein: Die Galerie der Gegenwart, 1997 von Oswald Mathias Ungers als Erweiterung der Hamburger Kunsthalle errichtet, ist ein weißer Kubus voller gerader Linien und rechter Winkel, ein Bau, der ganz dem Geist der Geometrie verpflichtet ist. Die Kunst von Pedro Cabrita Reis dagegen, die hier ausgestellt ist, fordert den Rigorismus der Moderne entschlossen heraus, nicht zuletzt die von einer entfesselten Vernunft beseelten Utopien einer rationalen Architektur.
Ihr setzt der portugiesische Künstler eine Sicht der Welt entgegen, die das Unfertige, Fragmentarische, roh Gezimmerte betont. Es ist vermutlich kein Zufall, dass eine seiner Serien den Titel „Sleep of reason“ trägt. Man staunt über eine weiße Treppe aus Holz und Gips, die dysfunktional an einer Wand endet („A caso do silencio branco“, 1990). Man wundert sich über den winzigen Stuhl, der in „Un quarto dentro da parede“ (1989) vor einer bemalten Wand steht, als sei er ein von Gulliver aus dem Land Liliput mitgebrachtes Souvenir. Und man hält ganz altmodisch ergriffen inne vor einer mehrere Meter langen Mauer aus Backsteinen, die so hastig errichtet wurde, dass der graue Mörtel aus den Ritzen quillt. Sonderlich stabil scheint das Bauwerk auch nicht zu sein. Eine unbekannte Kraft hat Teile aus der Mauer herausgebrochen, die jetzt als Schutt auf dem Galerieboden liegen. „Les heures oubliés“ (2004, für die Hamburger Kunsthalle 2009 neu arrangiert) beschwört das Verstreichen der Zeit und die Melancholie angesichts des unaufhaltbaren Zerfalls von allem…