Uta M. Reindl
Paul Isenrath
»Antipodische Wasserspiegel«
Westfälisches Landesmuseum Münster, 26.3. – 9.5.1993
Kunstverein, Düsseldorf, ab 11.9.1993
Kunsthalle zu Kiel, 3.10. – 28.11.1993
Am 21. September 1992: In Madrid ist ein Glas Wasser 24 Stunden lang Gegenstand von Foto- und Videoaufnahmen; gleichzeitig geschieht dasselbe in Neuseeland – exakt auf der anderen Seite des Erdballs. Ist dieses “weltdurchdringende” Stilleben als ein zweifellos angemessenes Genre unserer “Gesellschaft der Echtzeit” (Paul Virilio) zu deuten, in der wir jede Information in Lichtgeschwindigkeit rund um den Globus schicken und sofort und überall abrufen können? Man erinnere sich nur an den Golfkrieg.
Eine solche Deutung der Aktion von Paul Isenrath ließe kunstästhetische oder philosophische Dimensionen außer acht. Der Gedanke der Symmetrie, ob faktisch oder spirituell, ist für die “Antipodischen Wasserspiegel” des Münsteraner Künstlers bedeutsam, der 1977 auf der documenta 6 durch die spiegelnden Wasserflächen seiner Außeninstallation auffiel. Im Westfälischen Landesmuseum zu Münster reihten sich die Farbaufnahmen der Wasserspiegel antipodisch nebeneinander und machten so die Symmetrie der bipolaren Tages- und Nachtabläufe unmittelbar erfahrbar. Die antithetisch zueinander verlaufenden Zyklen könnten durchaus auch philosophisch ausgelegt werden: als Formalisierung von Archetypen wie die Entwicklung mancher Beziehungen.
Der Kontrast der antipodischen Stilleben jedenfalls wird in der Installation um so krasser, als das Glas in Madrid vor dem kultivierten und symmetrischen Hintergrund des manieristischen Königspalastes steht, das auf der anderen Seite des Globus vor einer wilden Landschaft. Rechts und links vor der Fotowand hatte Isenrath in Münster zwei Monitore installiert, aus denen die an beiden Stellen aufgenommenen, audiovisuellen Protokolle zu vernehmen waren.
Spannend ist hier der Realismus, fast…