Paul-Armand Gette
Es geht, wie immer bei Paul-Armand Gette, um das Problem der Natur. Der Mensch ist zwar auch ein Stück Natur, aber er ist bekanntlich aus der Natur herausgefallen und vermag sie nun nicht mehr direkt zu erkennen: Für ihn ist Natur als solche unsichtbar. Auf verschiedene Weise versucht der Mensch, der Natur nahezukommen; die Wissenschaft ist eine davon, eine andere die Schwärmerei, die Sentimentalität. Beide versucht Paul-Armand Gette zu testen; nicht um sie zu entlarven, sondern um durch die Analyse unserer Art, uns der Natur zu nähern, etwas über diese selbst zu erfahren.
Buchstäblich mit dem Käscher bewaffnet, eilt die Wissenschaft hinter den Objekten der Natur her, fängt Insekten, Muscheln, trocknet Pflanzen und gibt ihnen zum Zeichen der Inbesitznahme einen lateinischen Namen. Plantago lanceolata: Fremder als zuvor steht uns der vertraute Spitzwegerich gegenüber, nachdem wir ihn so “bestimmt” haben. Er wird Teil eines entfremdeten Systems, des Linnéschen, mit dem man einst die ganze Natur einzusperren versuchte. Abbild dieser eingefangenen Außenwelt ist der botanische Garten: Er ist die Natur, dargestellt als wissenschaftliche heit, als eine Umwelt ohne Rätsel, und er ist dabei doch nichts anderes als ein Sammelsurium von verwaschenen, unleserlich gewordenen, vor die falsche Pflanze gerutschten, von Unkraut überwucherten Schildchen.
Das Reich der Natur ist unermeßlich; die Wissenschaft sucht es zu verkleinern, einzuteilen, um es so besser zu verstehen. Auch Paul-Armand Gette tut dieses: Er arbeitet über den “lieu restreint”, den begrenzten Ort. Eines der kleinsten Länder der Welt ist das Fürstentum Liechtenstein; vielleicht, so sagt Paul-Armand Gette, verstehen wir die…