Passage
(Bia.) Die Passage stillt und erzeugt den Hang nach Bewegung, sie kann aber auch, so der amerikanische Historiker Eric J. Leed in seinem Buch über “Die Erfahrung der Ferne”, anderes bedeuten: Stabilität in einem Zustand des Ungleichgewichts, feste Orientierung in einer sich in ständigem Fluß befindenden Welt, Beständigkeit inmitten des Wandels.
Wer im Zustand des Unterwegsseins verharrt, führt oft eine Randexistenz innerhalb seßhafter Gesellschaften. Ziel der Passage ist es, sich dem Zustand der Bewegung zu überlassen. Das ist nicht jedermanns Sache – bei einigen erzeugt das Unterwegssein bloß Übelkeit und Durchfall. Die Rede ist von einer Logik und Ordnung, die von der Logik des Ortes und der Territorialität abweicht: Der Passagier befindet sich im “Dazwischen”, er ist betwixt und between Orten, Gemeinschaften und Bindungen. Dieses Dasein im Dazwischen basiert auf einer eigenen Ursache, Logik und Wirkung. Die Passage ist ein Phänomen. Sie kann die Reisenden sprachlos werden lassen, sie beruhigen, süchtig machen oder eigene, neue Sehnsüchte erzeugen. “Die Struktur der Passage verbindet”, faßt Leed zusammen, “und kann, wenn sie die Bindung des Reisenden an einen bestimmten Ort ersetzt, zu einer Sucht werden”.
Ein Grundmotiv der Romantik ist das Wandern als Metapher des unsteten, unabgeschlossenen Lebens auf Erden und des ewigen Drangs, über sich und die Welt hinauszugehen. Über die Wanderlust am Fortschreiten berichtet die junge US-Autorin und Öko-Aktivistin Rebecca Solnit. Wenn Solnit einsame Spaziergänge in ihrer kalifornischen Heimat wie auch im fernen Kopenhagen unternimmt, dann ist für sie das Gehen mehr als praktische Natur, die man einjährig als Methode der Fortbewegung erlernt…