Denken 3000
Manfred Schneider
Paranoia und Archäologie der Jetztzeit
Ein Gespräch mit Oliver Zybok
Literatur, Ästhetik, Diskurstheorie, Literatur und Recht, Geschichte der Befragungen, Medien, Fernsehtheorien und Kulturkritik gehören zu den Forschungsschwerpunkten von Manfred Schneider. In diesem Kontext steht auch sein aktuelles Forschungsprojekt zur Mediengeschichte des Attentats. Untersucht werden hier Gewaltakte von Einzeltätern, die ihr Opfer im Allgemeinen nicht kannten und die nur über Bilder und Bildinformationen mit ihnen in Verbindung standen. Attentate auf Politiker oder Prominente sind Taten in und für die Öffentlichkeit, das rückt sie ins Feld der Bildbetrachtung. Viele Attentate wurden zudem in Bildern (Foto, Film etc.) festgehalten. Die Attentatsgeschichte ist aus der Sicht der Täter eine Geschichte von Bilddelirien, das macht sie u.a. für den Kunstkontext interessant.
Manfred Schneider, geb. 1944 in Gleiwitz, 1963 – 71 Studium Germanistik, Romanistik, Philosophie in Freiburg i. Br., 1971 Promotion; 1972 – 79 Wiss. Assistent am Deutschen Seminar der Universität Freiburg, 1979 Habilitation, 1979 – 81 Privatdozent an der Universität Freiburg, 1981 Professur „Neuere deutsche Literaturwissenschaft“ Universität GH-Essen, seit 1999 Lehrstuhl „Neugermanistik, Ästhetik und Medien“ an der Ruhr-Universität Bochum. Gastprofessuren an der ENS rue d’Ulm in Paris, in Japan und in den USA.
Oliver Zybok: Sie haben seit 1999 den Lehrstuhl für Neugermanistik, Ästhetik und Literarische Medien an der Ruhr-Universität Bochum inne. Diese intermediäre Ausrichtung ist bis heute einzigartig im Fachbereich Germanistik. Können Sie kurz die Aktualität dieser Kombination erläutern?
Manfred Schneider: Der Lehrstuhl bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten und Aufgaben. Auf der einen Seite wird die Literaturwissenschaft durchaus in ihrer traditionellen Fragestellung praktiziert, zum anderen versuchen wir,…