HELGA MEISTER
Paper Art 8
“Turbulenzen in Papier – Annäherungen an das Unberechenbare”
Leopold-Hoesch-Museum Düren, 15.9.2002 – 2.2.2003
Dorothea Eimert, Museumschefin des Leopold-Hoesch-Museums, hält immer wieder ihre Wünschelrute aus, auf der Suche nach dem jeweils aktuellen Denken und Handeln. Als sie vor sechs Jahren zum Dekonstruktivismus aufrief, holte sie sich die Weltelite unter den Architekten ins Haus. So aufregend ist es bei der diesjährigen Paper Art 8, “Turbulenzen in Papier – Annäherungen an das Unberechenbare” nicht. Jedenfalls liefern nicht alle 23 Künstler so hochkarätige Werke, dass sie eine “ganzheitliche Daseinsphilosophie” und ein “erweitertes Verständnis von Wirklichkeit” beisteuern, wie es hochtrabend im Katalogtext heißt. Vielleicht ist es ja auch schwer, ausgerechnet in Zellulose-Produkten die Abgründe hervorzukitzeln, ohne das Papier einzureißen.
Gregor Schneiders Beitrag ist das Beste, was er seit der Biennale von Venedig geschaffen hat. Er erhielt denn auch den ersten Preis des Verbandes Deutscher Papierfabriken. Der Spezialist für Abgründe und Unwägbarkeiten, der kafkaeske Künstler des 21. Jahrhunderts, schleppt keinen Raum aus Rheydt nach Düren, aber er bringt die Erinnerung mit. Von einem seiner Fenster in der Unterheydener Straße schaut er auf eine Garage in der Nachbarschaft. Dort trinkt ein Arbeitsloser bei laufendem Motor täglich und heimlich. Schneider baute die Garage 1:1 im Museum mit Hilfe von Bauplatten nach, in denen Papier recycelt ist. Die Arbeit ist eine Raumfalle. Sie liegt direkt an der Treppe. Man kann nicht umhin, sie anzusteuern. Ein ungeheurer, grauer Ort des verschleppten Grauens. Auf dem Boden finden sich Ölflecken. An einer Seite ist ein Gitterrost angebraucht, dahinter scheint es…