Pansymbiose
Tier-sein und Tier-werden – Aspekte der Tier-Mensch-Relation
von Kirsten Claudia Voigt
Als William Hogarth (1697 – 1764) begann, sich zu malen, legte er das Porträt zunächst förmlich an, erwog, sich mit Mantel und Perücke zu zeigen – dies lassen Röntgenaufnahmen des Bildes erkennen. Schließlich fiel das Ergebnis jedoch gänzlich anders aus. Sein Autoporträt ist nun ein ovales Bild im Bild, das auf einem kleinen Stapel von Büchern steht. [03] William Shakespeare, Jonathan Swift und John Milton lud er als Geistesverwandte in dieses Freundschaftsbild ein. Unmissverständlich zeigte der Künstler damit die genealogischen Grundlagen seiner Haltung und den Maßstab seiner künstlerischen Ambitionen.
To be one is always to become with many. — Donna J. Haraway
Er weist sich als homme des lettres und homo politicus aus, legt höchste ästhetische Maßstäbe an die Kunst an, verficht aber auch deren aufklärerische Relevanz und ethische Dimension als fundamental und schafft ein unterhaltsam selbstironisches Bild von sich, denn: Im Bildvordergrund links liegt Hogarths Palette mit der „Line of Beauty and Grace“, der er in seiner 1753 veröffentlichen Studie The Analysis of Beauty die Rolle der ästhetischen Ideallinie zuweist. Rechts neben dem Bücherstapel aber sitzt Trump, der von ihm wohl am meisten geliebte seiner vielen Möpse, die ihn durchs Leben begleiteten; wachsam, kämpferisch, physiognomisch und vielleicht auch im Temperament ein wenig dem Künstler ähnlich. In diesem Selbstbildnis aus dem Jahr 1745 manifestiert sich also ganz offensichtlich das symbiotische Zusammenwirken ästhetischer und ethischer, künstlerischer und lebensweltlicher Komponenten. Wo Tiere so prominent ins Werk rücken wie hier, gehen Moral und Ästhetik häufig…