Thomas Wulffen
Panoptik
Alt-Stralau 4, Berlin, 2. – 30.6.1996
Das System Kunst fordert seine Opfer. Im Rahmen der zeitgenössischen Kunst ist eine Vereinheitlichung der Ausdrucksformen und der Künstlernamen festzustellen. Das führt auch dazu, daß der Kunstfreund ausgetretene Wege beschreitet, weil er sich entweder auf unbefestigtes Gelände nicht mehr traut oder es gar nicht mehr wahrnehmen kann. Daß aber gerade dort noch Entdeckungen zu machen sind, bewies die Ausstellung `Panoptik` in einem aufgelassenen Schulgebäude in Berlin-Treptow. Als Gruppenausstellung präsentierte sie vor allem Malerei. Die an dem Ausstellungsprojekt beteiligten zwölf Künstler aber waren weder nur einer Richtung der Malerei verpflichtet, noch waren alle dem Medium Malerei zugewandt. Das panoptische Sehen war Thema und Hintergrund, aber beides tat sich erst auf, wenn man zweimal durch die Gänge und Stockwerke des Gebäudes gelaufen war. Dessen Struktur blieb unberührt, was einen Reiz der Ausstellung ausmachte. Bemalte oder beklebte Wände wurden so belassen, wie sie vorgefunden wurden. So reagierte ein Gemälde von Rolf Eisenburg, Organisator der Ausstellung, direkt auf eine Malerei an der Wand. In den Formenüberlagerungen von Christine Krämer und Ricarda Fischer deutete sich das Thema an, das in anderen Arbeiten wieder aus den Augen verloren werden konnte. Dieser Widerspruch aber schien intendiert zu sein. Die Ausstellung wirkte nicht überladen, aber in jeder Ecke fand sich ein Bild, seien es die Hinterglasmalereien von Nanae Suzuki oder die abstrakt-gestischen Formen in den Gemälden von Christian Löwenstein. Dem gesellten sich die abstrakten Fotografien von Karl-Heinz Eckert zu. Und langsam schälte sich eine gemeinsame Bedeutung hinter den unterschiedlichen Bildformen und…