p.t.t.red – paint the town red
Von Marius Babias
Der öffentliche Raum ist ein Spatium zwischen Imagination und Realität, und er besitzt jene soziale Dimension, die dem Museum fehlt. Der künstlerische Umgang mit dem öffentlichen Raum kennt tendenziell zwei Möglichkeiten: die Manipulation und das Implantat. Während das Implantat in Form von aufgestellten Skulpturen, Environments und Installationen oder durchgeführten Aktionen die Musealisierungstendenz der Welt durch Kunst noch verstärkt, markiert die Manipulation das künstlerische Interesse in die Erkenntnis ihrer Wirkung auf den sozialen Raum.
Dem kalkulierten Eingriff in städtische Räume, seiner ästhetischen Steuerung und seiner sozialen Gegensteuerung gilt das Hauptaugenmerk des Künstlerduos p.t.t.red, das in Berlin eine Produzentengalerie zur Präsentation eigener und fremder Projekte unterhält. Stefan Micheel und Hans Winkler konfrontieren den Stadtmenschen mit überraschenden Veränderungen seiner Umgebung und erwecken hierdurch die Rudimente seiner Wahrnehmung. Im Projekt “goldener schnitt” wurden zwischen 1988 und ’90 Stahlträger diverser Nutzbauten in Berlin West und Ost vergoldet. Die Schönheit des Banalen und die Ordnung des Chaos sind auch in der “rotverschiebung”, jener imaginären Peillinie zwischen dem Fernsehturm am Alexanderplatz und dem Schäferturm am Wannsee mit insgesamt elf Blitzleuchten, ineinander vermittelt und miteinander versöhnt. Das “teilimaginäre system” von 1988, bei dem die Künstler alte Straßenbahngleise in Berlin-Kreuzberg polierten, errichtete längst gekappte Verkehrsverbindungen und Erinnerungen neu. Ein Jahr zuvor hatten sie Telefonzellen mit Telefonbüchern vollgestopft und, in Verweigerung des Gebrauchs, die Frage nach der Funktion öffentlicher Einrichtungen gestellt. Die großflächigen “markierungen” öffentlicher Plätze in Bochum, Köln und Berlin mit Doppelkreuzen aus Kreide, die der nächste Regen wegwusch, setzten dem grauen Beton…