MARIBEL KÖNIGER
Otto Künzli
Erinnerung Ist Immer ein Fragment
Ein Lieutenant van Davis aus Wayne
ließ mit einer Rakete sich ein.
Es ist netter, sprach er,
als normaler Verkehr,
und nun laßt uns bitte allein!
(Thomas Pynchon, Gravity’s Rainbow,dt. Die Enden der Parabel, Reinbek bei Hamburg 1981, S.479)
Amerika – Magie, Mythos, Archäologie. Das könnte der Titel einer gelehrten Abhandlung sein. Man könnte darin aber auch einen grob gerasterten Überblick über die (mythischen) Themen der französischen Geisteswissenschaften der letzten hundert Jahre erkennen. Alexis de Tocqueville beschrieb als erster präzise die moderne amerikanische Demokratie, dank Claude Lévi-Strauss pendeln Talismane durch die seriöse Anthropologie, Roland Barthes erklärte uns jene “Sprache, in der man von der anderen spricht” und spätestens seit Michel Foucault wird Archäologie nicht mehr nur mit der Schaufel in der Hand betrieben. Jene Nation, in der die extremen Umbrüche des alten Kontinents beispielhaft aufeinanderprallen, das aristokratisch-republikanische, dogmatisch-laizistische, kartesianisch-pathetische, revolutionär-traditionalistische Frankreich, hat die obsessionellen Ängste und Sehnsüchte Europas in bezug auf die Neue Welt auch am intensivsten erforscht, so intensiv wie sie die eigenen Dinge zu ordnen versucht. Doch noch heute liegen Antiamerikanismus und Westorientierung so nahe beisammen wie der Parc Astérix und Eurodisney.
Otto Künzli (Jg. 1948) kommt aus einer Enklave Europas, die sich aus diesen politischen und emotionalen Stürmen herausgehalten bzw. sie schon vor 500 Jahren hinter sich gebracht hat, als “Amerika” gerade erst auf der hiesigen Landkarte erschien: der Schweiz. Er lebt in Deutschland und die Arbeiten, um die es hier gehen soll, entstanden für Japan. Diesmal nähern wir uns dem Westen…