Otto Freundlich
Kosmischer Kommunismus
Museum Ludwig 18.02. – 14.05.2017
von Martin Seidel
„Die Geburt des Menschen“ aus dem Jahr 1919 ist ein Highlight in Otto Freundlichs Oeuvre und spielt auch in der ihm nun ausgerichteten Schau im Museum Ludwig eine wichtige Rolle. Das Mosaik der seltsam überdrehten Figur, die aus einem Dickicht sphärisch gekrümmter Schalen und Strahlen herauswächst, wirkt erhaben, besonders durch seine Präsentation auf einer eigens blau gestrichenen Wand, welche die Leuchtkraft der Steine noch intensiver und die Kontraste noch plastischer erscheinen lässt. Doch das forcierte Pathos ist ephemer. Es wird an derselben Wand gebremst von einer vorbereitenden Bleistiftskizze und einem reproduzierten Katalog des Kölnischen Kunstvereins aus dem Jahr 1919, der wie eine zusätzliche Erläuterungstafel Weiteres zum Hintergrund dieses Werkes liefert, das verschmäht und jahrzehntelang unwürdig aufbewahrt wurde und erst 1954 in der Kölner Oper seinen Platz gefunden hat.
Die Ausstellung „Otto Freundlich. Kosmischer Kommunismus“ zeigt rund 80 Exponate – Mosaike, Fenster, Gemälde, Gouachen, Pastellbilder, Zinkgravuren und neben Wandreliefs zwei bronzene Großplastiken, die aus Geldmangel zu Lebzeiten Freundlichs nicht gegossen wurden. Durchgängig begleiten die zunächst von Symbolismus und Jugendstil und später von abstrakten Farb-Formkonstellationen geprägten Kunstwerke Dokumente, die den zugrundeliegenden didaktischen und wissenschaftlichen Anspruch unterstreichen. Konzipiert hat die Ausstellung Julia Friedrich vom Museum Ludwig in Zusammenarbeit mit dem Musée Tavet-Delacour in Pontoise, das Freundlichs Nachlass betreut.
Der beachtlichen publizistischen Aktivität Freundlichs ist in diesem engagierten Mix aus Präsentation und Diskurs ein eigenes Kapitel gewidmet. Der verdienstvolle und erkenntnisreiche Katalog etwa veröffentlicht Freundlichs Manifest „Bekenntnisse eines revolutionären Malers“ (1935) erstmals vollständig. Vitrinen zeigen Fotos verschollener…