Oswald Wiener
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Ein Gespräch von Michael Stoeber
Kathleen Rahn, Direktorin des Kunstvereins Hannover, gelang ein Coup. Sie schaffte es, im Rahmen Ihrer sehenswerten Ausstellung „Artistic Intelligence“ den nur noch selten in der Öffentlichkeit auftretenden Oswald Wiener zu einem Vortrag einzuladen, bei dem der frühe Visionär künstlicher Intelligenz über die Lernfähigkeit von Menschen und Maschinen sprach. Wiener, 1935 in Wien geboren, ist eine lebende Legende und selbst ein Wunder an Lernfähigkeit und Intelligenz. In seinem Leben ist er unterschiedlichsten Interessen und Neigungen nachgegangen und hat sich dabei immer wieder neu entworfen. Wiener ist Musiker und Mathematiker, Kybernetiker und Koch, Wissenschaftler und Schriftsteller, Pilot und Causeur von hohen Gnaden. Dabei von einem wienerischen Charme, der wohltuend Balance hält zwischen Interesse am Anderen und selbstbezüglicher Reflexion. Der viel Belesene und weit Gereiste war Mitglied der „Wiener Gruppe“, einer Vereinigung junger Dichter, und Akteur bei „Kunst und Revolution“, eine Veranstaltung, mit der Österreich über Nacht in die Geschichte des internationalen Situationismus eingezogen ist. In Westberlin war Oswald Wiener zusammen mit seiner zweiten Frau, der Künstlerin Ingrid Wiener, und dem Jugendfreund Michel Würthle Betreiber des legendären Künstlerlokals „Exil“. An der Kunstakademie Düsseldorf war er Professor für Ästhetik. Mit Michael Stoeber sprach er über sein Staunen machendes Leben und Werk.
Michael Stoeber: Lieber Oswald Wiener, liest man über Sie, so erfährt man, dass Sie nicht nur Rechtswissenschaften, sondern auch Musikwissenschaften, afrikanische Sprachen und Mathematik studiert haben. Was verbindet solche weitgespannten Interessen?
Oswald Wiener: Das Unstete meines Charakters.
Ich vermute dahinter aber auch ein bestimmtes System….