Österreichische Kunst heute
Vorwort
Österreich ist in der Kunstgeographie der europäischen Moderne ein weißer Fleck. Wer von Ihren Kollegen war schon hier?
Alfred Schmeller 1966 an Will Grohmann
Nun, seit dem Aufruf des ehemaligen Leiters des Wiener Museums des 20. Jahrhunderts hat sich der “weiße Fleck” am östlichen Rand der westlichen Hemisphäre verfärbt und einzelne österreichische Künstlerpersönlichkeiten wurden in die “große Familie” der internationalen Avantgarde eingeführt. Mußte die österreichische Moderne vorallem mal in Österreich selbst entdeckt werden und dies geschieht erst seit den letzten zwei Jahrzehnten, so droht die “österreichische Postmoderne” heute eher umgekehrt dem Kultur-Verwertungs-Karussell mit seinem nimmersatten Hunger nach noch nicht entdeckten, exotischen Kulturrefugien anheimzufallen. Das gilt zwar weniger für die Kunst, als für das an der Jahrhundertwende-Nostalgie sich entzündende globale “Wienfieber”.
Zusammenfassende Präsentationen österreichischer Gegenwartskunst wie etwa “Arte Austriaca 1969-84” von Peter Weiermair in Bologna. “Weltpunkt Wien” von Robert Fleck in Straßburg (1985). Rudi Fuchs “Rennwegausstellung” in Italien oder in der Berner Kunsthalle im letzten Jahr (“Hacken im Eis”) verdeutlichten neben den starken Einzelleistungen auch die Szenenmäßige Bedeutung dieser östlichen Kunstregion, die im transatlantischen Ping-Pong zwischen New York und (West-)Europa bisher ausgeklammert wurde.
Nachdem nun auch vom Ausland her angemeldeten Interesse an der Szene stellt sich allgemein die Frage nach dem Hintergrund dieser gesteigerten Beachtung: Ist es die Suche nach neuen, künstlerisch durchgegorenen Ressourcen, die anderswo nicht zuletzt auch durch den Kunstmarkt schon ausgedünnt wurden, oder ist es das Erkennen von spezifischen bisher übersehenen Qualitäten? – “Alt. aber frisch”, war Harald Szeemanns Antwort vor drei Jahren quasi auf das Statement des…