Von Manfred Speidel
Orte – Ein Versuch zur Geomantie
Geomantie
“Geomantie” bedeutet “Wahrsagen aus der Erde”. Was mit diesem Begriff jedoch hier gemeint ist, könnte man besser mit ,,Kunst des Situierens” umschreiben. Das gilt für den chinesischen Kulturbereich. Im Chinesischen heißt das ,,feng-shui”, Wind-Wasser. Die Qualität eines Ortes wird wesentlich vom Wind, der durch die umliegenden Berge moduliert wird, und vom Wasser bestimmt, das aus den Bergen entspringt und als Fluß oder See wichtiger Bestandteil einer bewohnbaren Landschaft ist. Feng-shui oder Geomantie meint dann die Kunst, eine Topographie in Bezug auf ihre Lebensqualität als Teil einer Landschaft zu beurteilen. Man unterscheidet in China zwei Methoden der Beurteilung: die Form-Schule und die Kompaß-Schule. Die Form-Schule klassifiziert und analysiert die Landgestalt und beurteilt den Fluß der Energien in Bezug auf den zentralen Ort. Die Kompaß-Schule ermittelt mit einer Scheibe aus vielen Ringen und Unterteilungen mit einem Kompaß in der Mitte die Beziehung zwischen Elementen der Landschaft und den Analogiesystemen der Himmelsrichtungen, der 5 Elemente, der 8 Trigramme der I-Ging, der himmlischen Konstellationen, usw. und beurteilt, ob sie einander aufbauen oder zerstören. Im Rahmen dieses Artikels sollen nur einige Aspekte der Form-Schule interessieren.
Orte zum Verweilen
“Zu unseren schönsten Träumen gehören angenehme Reiseerinnerungen. Herrliche Stadtbilder, Monumente, Plätze, schöne Fernsichten ziehen vor unserem geistigen Auge vorüber, und wir schwelgen noch einmal im Genüsse alles des Erhabenen oder Anmutigen, bei dem zu verweilen wir einst so glücklich waren. Zu verweilen! -“1
So beginnt Camillo Sitte sein Buch “Der Städtebau”. Der Künstler möchte Orte schaffen, “an deren Schönheit man sich nicht…
