Orte der Ortlosigkeit
Ulrich Loock im Gespräch mit Hans Rudolf Reust über seine Zeit als Direktor der Kunsthalle Bern, 1985 – 1997
Anfang September 1985 hatte Ulrich Loock die Leitung der Kunsthalle Bern übernommen, einer Institution, deren Geschichte stets eng mit der Entwicklung der Gegenwartskunst verbunden war. Anfang September 1997 wechselte er in die Direktion des Kunstmuseums Luzern. Der Zeitpunkt des Übergangs bietet Gelegenheit zur Reflexion eines Jahrzehnts zeitgenössischer Kunst und zu einer aktuellen Standortbestimmung. Das Gespräch fand am 24. Oktober 1997 in Luzern statt.
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H.R.R.: Du hast 1985 die Leitung der Kunsthalle Bern übernommen, ohne dich auf ein Programm zu verpflichten. Du hast lediglich die Namen von vier Künstlern genannt – Reinhard Mucha, Gerhard Richter, Michael Asher und Lothar Baumgarten -, die du im Lauf der Jahre denn auch vorgestellt hast. War die Absage an jegliche Programmatik das Programm oder läßt sich nun allenfalls im Rückblick eine übergreifende Konzeption deiner Ausstellungstätigkeit umreißen?
U.L.: Ich glaube, man kann schon Strukturen erkennen, allerdings keinen einheitlichen Plan. Ein Teil des Ausstellungsprogrammes jedenfalls hatte mit der Frage zu tun, was geschieht nach der Verschließung der Minimal Art. Ich denke, daß die Minimal Art ein massiver Einschnitt ist im Verlauf der Kunst unserer Zeit, nämlich als Aufgipfelung des modernen Autonomiegedankens: Das Kunstwerk zieht sich in seine eigenen Grenzen zurück und negiert alle Kommunikation mit einer Umgebung, alle Zweckbestimmung, alle Spezifizität des Ortes, der Geschichte usw. Dabei erkennt man, daß der menschliche Körper und der Raum ausgeschlossen sind. Auf der anderen Seite bleibt auch der Raum ausgeschlossen. Dies…