Stephan Berg
Ornament und Herrschaft
Zu Margret Eichers Copy-Collagen
Margret Eichers zentrales künstlerisches Arbeitsmittel ist der Fotokopierer. Unter den Bedingungen einer zunehmend von Virtualität durchlöcherten Wirklichkeit erscheint dieses Instrument heute schon fast wieder rührend altmodisch. Ein Relikt aus der Steinzeit der technischen Wirklichkeitsimitation.
Wenn der Medientheoretiker Friedrich Kittler den qualitativen Quantensprung zwischen der Welt der herkömmlichen Bilder und den digitalen Apparitionen einer Cyberspacetechnologie am Wechsel von Illusions- zu Simulationsstrategien festzumachen versucht, dann kennzeichnet er damit auch gleichzeitig das, was dem Kopiervorgang fehlt: Die Macht, eine glaubhafte Wirklichkeit aufzubauen. Als nichtsimulatives Medium verfügt die Fotokopie auch nicht über ein illusionistisches Potential. Da ihr von vornherein ein doppeltes Reproduktionsmoment eingeschrieben ist, kann sie per se nicht eine möglichst wirklichkeitsnahe Wiedergabe der Realität anstreben, sondern muß sich auf die Wiedergabe des Wiedergegebenen konzentrieren, auf die Imitation eines Zusammenhangs, der selbst schon den Status eines Zeichens besitzt.
Seinen “Mangel” an technischer Avanciertheit kompensiert das Medium durch eine Aktualität, die in seiner vorbildlich einfachen Handhabung liegt, und in der Möglichkeit, die kopierten Dinge nahezu beliebig oft zu vervielfältigen. Damit wird der Kopierer auch zum Ausdruck einer medialen Demokratisierung. Durch seine preiswerte Verfügbarkeit ermöglicht er potentiell allen nicht nur den Zugang, sondern auch den Besitz von Informationen in Form von Bildern und Texten. Vor dem Hintergrund einer post-industriellen Informationsgesellschaft, ist dieser Besitz durchaus mit dem Besitz von Macht gleichzusetzen.
Verschärft hat sich durch die reproduktiven Vervielfältigungsmechanismen, wie sie der Fotokopierer paradigmatisch einlöst, allerdings auch die Kluft zwischen Original und Abbildung. Erstens in dem Sinne, daß die Möglichkeit der Vermassung des Einzelnen…