Johannes Meinhardt
Ornament und Abstraktion
Fondation Beyeler, Riehen bei Basel, 10.6. – 7.10.2001
Anzuzeigen ist eine umfangreiche Ausstellung, die viel zu sehen, vieles neu zu sehen und vieles zu denken gibt und die selbst in ihren Schwächen noch interessant ist. Ausgangspunkt ist die Wendung gegen eine vor allem amerikanische Kunstgeschichtsschreibung, welche die Geschichte der abstrakten Kunst aus Cézanne und dem Kubismus linear ableitet und zu diesem Zweck diese Geschichte als zunehmendes Flachwerden des Bildraumes und damit als zunehmende Besinnung auf die wesentlichen Bestimmungen der Malerei versteht (paradigmatisch wären die Texte von Clement Greenberg). Dieser Kunstgeschichte der abstrakten Kunst stellt Markus Brüderlin (wie er selbst sagt: versuchsweise, um Anregungen zu geben) eine andere Entwicklungsgeschichte der Abstraktion gegenüber, die viel stärker diejenigen historischen Zusammenhänge betont, die vom Ornament und vor allem von einer eigenständig werdenden Linie ausgehen. Es ist bekannt, dass schon für van Gogh und Gauguin eine relative Eigenständigkeit und eigene Lesbarkeit der Linie wesentliche Entdeckungen waren, und in wie hohem Grade schon vor 1900 (so bei van de Velde und allgemeiner im Jugendstil) die Linie als selbständiges, energetisches (und bis zu einem gewissen Grade expressives) pikturales Element herausgearbeitet worden war. Es gab um 1900 schon eine ‘abstrakte’, allerdings immer noch ornamentale Linie, und abstrakte Ornamente (Vignetten) traten beispielsweise bei Kandinsky viel früher auf als der Übergang in die abstrakte Malerei. Und ebenso hatte die abstrakte Malerei am Anfang und von Anfang an mit dem Vorwurf zu kämpfen, im Wesentlichen nur dekorativ oder ornamental zu sein. “Müsste nicht die entwicklungsgeschichtliche Stellung der Jugendstilästhetik…