Oranienplatz 17
Die Architekten Richard Wolffenstein und Wilhelm Cremer gelten als wichtigste Vertreter des Synagogenbaus der Gründerzeit. Im aufstrebenden Berlin der Gründerjahre spezialisierten sie sich vor allem auf Bauten für Handel und Verkehr. 1913 errichtete das Architekturbüro Cremer & Wolffenstein das Geschäftshaus am Oranienplatz/Ecke Oranienstraße. Zunächst von der AEG, später von verschiedenen Büros und Händlern genutzt, steht das Gebäude seit zehn Jahren leer. Auch der zuletzt noch im Erdgeschoss betriebene Supermarkt konnte sich in der Kreuzberger Szene nicht halten. Ausgerechnet dieses gründerzeitliche Relikt – vor kurzem von einem Münchner Rechtsanwalt mit Immobilien-Instinkt und Weitblick erworben – wählte Kathrin Rhomberg als Hauptschauplatz der 6. Berlin Biennale. Die Ausstellungsarchitektur hat sie gemeinsam mit Marcus Geiger entwickelt – als Modell für einen Ort, an dem sich die Kunst behaupten kann.
Marcus Geiger ist bekannt für seinen frech-ironischen Umgang mit Orten des Kunstbetriebs. So setzte er der Wiener Secession 1992 eine Künstlermütze auf und provozierte mit seinem roten Fassadenanstrich des Gebäudes im Jahr 1998 einen veritablen Kunstskandal. In Berlin hat er das Gebäude am Oranienplatz mit einem kleinen roten Fähnchen markiert – eine Geste, die nicht etwa die selbstbewusste Übernahme von Kreuzberger Immobilien durch die Kunstszene demonstrieren will, sondern eher bescheidenen und freundlich im Milieu in die Runde grüßt.
„Die Biennale hat einen gewissen Anti-Charakter in dem Sinn, dass das Überschwängliche, Künstlerische, barock Anmutende sehr zurückgenommen ist. … Ein schönes Beispiel dafür ist die Skulptur – ja, ich würde es als Skulptur bezeichnen – von Ron Tran auf dem Oranienplatz. Ron Tran hat die Bänke, die an…