Ora et labora (et lege)
Zur Politik postdigitaler Handlungsfelder
von Clemens Apprich
„Als der Altvater Antonios einmal in verdrießlicher Stimmung und mit düsteren Gedanken in der Wüste saß, sprach er zu Gott: ‚Herr, ich will gerettet werden, aber meine Gedanken lassen es nicht zu. Was soll ich in dieser meiner Bedrängnis tun? Wie kann ich das Heil erlangen?‘ Bald darauf erhob er sich, ging ins Freie und sah einen, der ihm glich. Er saß da und arbeitete, stand dann von der Arbeit auf und betete, setzte sich wieder und flocht an einem Seil, erhob sich dann abermals zum Beten; und siehe, es war ein Engel des Herrn, der gesandt war, Antonios Belehrung und Sicherheit zu geben. Und er hörte den Engel sprechen: ‚Mach es so und du wirst das Heil erlangen.‘ Als er das hörte, wurde er von großer Freude und mit Mut erfüllt und durch solches Tun fand er Rettung.“1
Die Geschichte des Heiligen Antonios setzt das Gebot von Arbeit und Gebet an den Anfang des abendländischen Mönchtums. Dieses entstand zu Beginn des 4. Jahrhunderts, als christliche Einsiedler, die vor Diokletian in die ägyptische Wüste geflohen waren, erste Klöster gründeten, um dort gemeinsam zu leben, zu arbeiten und zu beten. Sie vertraten die Auffassung eines unblutigen Märtyrertums, welches nicht am Kreuz enden, sondern in der Abtötung weltlicher Bedürfnisse liegen sollte. Hierzu diente die Arbeit, um Trägheit zu vermeiden und teuflischen Versuchungen zu widerstehen. Die klösterliche Ethik, welche einem Sprichwort zufolge die Zeit kurz und die Arbeit leicht werden ließ, stand dabei in direktem…