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Titel: 49. Biennale von Venedig · von Michael Hübl · S. 284 - 285
Titel: 49. Biennale von Venedig , 2001

Ukraine

Olga Melentiy, Sergey Panich, Valentin Rayevsky, Arsen Savadov, Yuri Solomko, Oleg Tistol
Kommissar: Alexander Fedoruk

Kurator: Valentin Rayevsky
Koordinator: Paolo De Grandis

Der sozialistische Realismus ist passé, aber die Erinnerung an ihn blieb so wach, dass er weiterhin Anstoß zu historischer Aufarbeitung bietet. Jetzt greifen Künstler aus der Ukraine den Mythos vom Arbeiter- und Bauernstaat, von der schweren, fruchtbaren Scholle und der fortschrittsgestählten Industrie auf, indem sie ein halbrund angelegtes Gemälde im Cinemascopeformat ausbreiten und mit realen Gegenständen in den Ausstellungsraum überführen: Sonnenblumen, Kunstrasen, Steine, Schotter, ein Zaun aus Weidengeflecht setzen die Vedute mit ihren raumbeherrschenden Überlandleitungen in kleinteilig-habhafte Gegenwart fort. Die Aufbereitung folgt den Panoramen des 19. Jahrhunderts und übernimmt das Gehabe kommunistischer Ideologieinszenierung, nur ist alles viel kleiner: eine Wanderausgabe im Militärzelt. Es wirkt – allen Surprisen zum Trotz, die auf der Biennale schon zu sehen waren – irritierend. Ein Okkupationsgestus. Selbsternannte Schutztruppen, die hier ihr Lager aufgeschlagen haben. Dass in seinem Inneren die Vereinigung von agrarisch beackerter Natur und allumspannender Elektrizität mit den Mitteln der alten Staatskunst vorgeführt wird, ist nicht ohne bittere Ironie: Vor zehn Jahren geriet der Atommeiler Tschernobyl außer Kontrolle – möglicherweise mit ein Grund für das krude, ruppig-desillusionierte Gesamtbild, welches das jeweilige Werk der in Venedig zu einem Gemeinschaftsprojekt vereinigten Künstler Olga Melentiy, Sergey Panych, Valentin Rayevsky, Arsen Savadov, Yuriy Solomko und Oleg Tistol kennzeichnet. MH



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