Michaël Borremans
Ohne Betrachter gibt es kein Werk
Ein Gespräch von Michael Stoeber
Immer öfter waren in den letzten Jahren Gemälde, Zeichnungen und Filme von ihm in bedeutenden Kunstinstituten zu sehen. Der 1933 in Geraardsbergen geborene Michaël Borremans, der in Gent lebt und arbeitet, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Belgiens. Sein malerisches Werk erfreut sich bei Experten und Kunstfreunden einer Wertschätzung, wie sie in der Gegenwartskunst seines Landes sonst nur noch die Bilder von Luc Tuymans genießen. Borremans Malerei ist gleichermaßen zeitgenössisch und Zeit enthoben. Sie schaut in die Vergangenheit und in die Zukunft und arbeitet mit traditionellen Mitteln und modernen Techniken. Blickweisen von Fotografie und Film verbinden sich in seinen Gemälden mit einer altmeisterlicher Beherrschung des Malmetiers. Während uns seine vertraute Malweise noch in Sicherheit wiegt, decken seine Sujets bereits, so diskret wie unerbittlich, Risse auf in unserer Existenz. In ihrer uneindeutigen Ambivalenz wirken Michaël Borremans Gemälde wie fundamentale Sinnbilder einer modernen Condition humaine, in welcher der Mensch gleichermaßen aufgehoben und verloren ist.
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Michael Stoeber: Sie haben Grafik und Fotografie studiert. Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
MICHAËL BORREMANS: Schon als ich noch sehr jung war, hatte ich den Wunsch, in meinem späteren Leben in irgendeiner Form mit Bildern zu arbeiten. Und bereits damals stellte ich mir vor, dass es am Besten für mich wäre, ein Künstler zu sein und alle Freiheiten eines Künstlers zu haben.
Gab es jemanden oder etwas in Ihrem Leben, das diesen Wunsch geweckt oder gelenkt hat?
Mein Großvater. Er war Fotograf, und sein bester Freund war ein Maler….