Hannover
OCULAR WITNESS: Schweinebewusstsein
Sprengel Museum Hannover 23.08.– 05.11.2023
von Michael Stoeber
So nah wie auf der documenta X im Jahre 1997 sind sich Mensch und Schwein in der Kunst nicht mehr gekommen. Dort hatten ihnen Rosemarie Trockel und Carsten Höller ein gemeinsames Haus gebaut, in dem die Besucher*innen der Weltkunstschau die Tiere durch eine semitransparente Glasscheibe in Muße beobachten konnten. Wobei das Haus nicht weniger als ein Sinnbild war. Es machte deutlich, dass wir mit den Schweinen seit mehr als neuntausend Jahren, seit wir sie zum ersten Mal als Nutztiere zu domestizieren wussten, eine gemeinsame Welt teilen. Und dass es Auswirkungen hat, wenn wir diese Tiere heute in brutaler Weise züchten, systematisch abschlachten und gierig verschlingen. Um von weiteren Analogien dieses beeindruckenden „Haus(es) für Schweine und Menschen“ gar nicht erst zu reden.
Was in Kassel in jenem Jahr sich in diesem Werk in kluger Lakonie und Subtilität vollzog, hat nun die Kuratorin des Sprengel Museums in Hannover, Inka Schube, in ihrer Ausstellung mit dem Titel „Ocular Witness: Schweinebewusstsein“ in größtmöglicher Deutlichkeit ausbuchstabiert. Für sie hat sie 16 Künstlerinnen und Künstler gebeten, nach Vorgaben von ihrer Seite Werke zu schaffen. Herausgekommen ist dabei eine Schau, die wenig kohärent zwischen Komik und Drama navigiert. So, wenn der wohl renommierteste unter den Künstler*innen, der Belgier Pierre Bismuth, in einem Kühlschrank eine Wurstwarenbuchhandlung installiert, in der er zusammen mit Wurstwaren Bücher präsentiert, die sich kritisch mit der heutigen Fleischproduktion befassen. Unfreiwillig erinnert das Werk an die sehr viel ausdrucksstärkeren Literaturwürste von Dieter Roth.
Im Eingangsbereich erfreuen die…