Klaus Rinke:
Nur durch Erlebnisse, durch das Katapultieren in die Welt kann man Kunst machen
Ein Gespräch von Helga Meister
Klaus Rinke erhält in der Düsseldorfer Kunsthalle eine große Ausstellung, die von Ursula Eisenbach mit einem Werksverzeichnis begleitet wird. Sie nennt sich “Retro – Aktiv”, weil der 53jährige selbst im Rückblick neue Funken schlagen will. Der Bildhauer, Maler, Zeichner, Aktionskünstler und Sammler, der auf Kakteen und Aborigines schwört, stammt aus Wattenscheid und verweist auf die prägenden Leitbilder seiner Kindheit, obwohl er als Mann von Welt zwischen Los Angeles und Düsseldorf jettet, wo er eine Professur für Bildhauerei hat.
*
H. M.: Wenn du über Kunst sprichst, beziehst du stets dein Leben ein. Welche Leitbilder hast du?
K. R.: Es gibt eine Vorbestimmung. Man kann ihr nicht entfliehen. Kreativität hat nichts mit Kunsthistorie zu tun, sie ist eine personenbezogene Geschichte.
Die Kunst als Gang zu den Müttern?
Ich bin während des Krieges von meinem Großvater erzogen worden; der war als Zimmermann aus Lothringen ins Ruhrgebiet gekommen, fand in seinem Beruf keine Arbeit und wurde als Katholik Küster an der Heilig-Geist-Kirche in Essen. Er mußte das Weihwasser und das Taufwasser zubereiten. Es gibt eine mythologisch-christliche Ansicht der Natur.
Du hast das christliche Thema eine Zeitlang verdrängt? Es tauchte erst jetzt wieder auf, als du für die Pax-Christi-Kirche in Krefeld das “Tor zur Ewigkeit” geschaffen hast. Wer in die dunkle, glänzende Granitplatte hineinschaut, sieht sich selbst. Das macht betroffen, denn durch dieses Tor müssen wir alle.
Als ich in den 60er und 70er Jahren Wasser schöpfte, nannten mich die Journalisten den “Wasser-Schöpfer”…