Nullen und Einsen
Digitale Frauen und die Kultur der neuen Technologien
Bereits mit dem Aufkommen der Videotechnologie in den 70er Jahren hat sich gezeigt, daß auch feministische Künstlerinnen neue Medien gar nicht unattraktiv finden müssen. Den Warnungen vor männlich-technokratischer Verschwörung zum Trotz schien sich hier ganz im Gegenteil ein Aktionsfeld jenseits eingefahrener Strukturen zu eröffnen, das zudem mit nur geringem materiellem Einsatz betrieben werden konnte. Analoge Aneignungsversuche werden seit seinen Anfängen mit dem PC gemacht, ungleich stärker jedoch seitdem es mit seiner Hilfe via Multimedia und Internet Möglichkeiten zu globaler Verknüpfung jeder Art von Information gibt.
Die einstige Aufbruchsstimmung in der Videokunst hat sich inzwischen in die bekannten Ambivalenzen aufgelöst und droht wie so vieles andere im postmodernen Sand zu verlaufen. Läßt sich eine ähnliche Entwicklung auch für den neueren Trend feministischer Internet-Aktivismen erwarten?
Sadie Plant, die sich selbst zur “Queen of Cyberfeminism” erklärt hat, nimmt in diesem Zusammenhang zumindest eine viel beachtete Position ein. Wie der Titel ihres nun ins Deutsche übersetzten Buches “Nullen und Einsen” schon ahnen läßt, geht es ihr um nichts Geringeres als um eine feministische Umschreibung der Grundlagen unseres Denkens, das mit der Zahl Null zwar operiert, aber die Einheit, also die Eins für das Wesentliche und Überlegene hält. Die Ursprünge der kanonischen Unbezweifelbarkeit dieser Verhältnisse für das europäische Weltbild sind tief in unseren alteuropäischen Traditionen verwurzelt, und konnten außerhalb der Mathematik vielleicht erst nach Freud angemessen thematisiert werden. Denn durch die Psychoanalyse wurde es möglich, die unbewußte Logik der symbolischen Ordnung, die auf dem Zeichen des Phallus und…