Christian Huther
Not in Fashion
»Mode und Fotografie der 90er Jahre«
»The Lucid Evidence –Fotografie aus der Sammlung des MMK«
Museum für Moderne Kunst, Frankfurt, 25.9.-9.1.2011 (Modefotos) bzw. bis 25.4.2011 (Bestandsschau)
Diese Frau ist keine Schönheit. Sie sieht erschöpft aus, ist ungeschminkt, die Lippen sind aufgeworfen, im Mundwinkel hat sie lässig eine Kippe. Und ihr knochiger Körper ist völlig nackt. Freilich hat ihr jemand mit Lippenstift ein Herz auf die Brust gemalt, in dem „Versace“ geschrieben steht. Eine ungewöhnliche Werbung für das italienische Modelabel. Normalerweise posiert Kristen McMenamy, geschminkt und bekleidet, im kühlen Stil für Versace und andere Marken. Doch Juergen Teller hat sie 1996 so hässlich abgelichtet und damit den neuen Stil der Modefotografie aufs Korn genommen, der magere junge Mädchen mit Pickeln und Poren, Augenringen und Flecken zum obersten Prinzip erkor. Und Inez van Lamsweerde hat 1993 einer nackten Frau alles genommen, indem sie Brustwarzen und Geschlecht mit Haut überzogen hat. Eine blutleere Puppe, das pure Gegenteil von McMenamy.
Zwei von vielen irritierenden Fotos, denen der Besucher derzeit im Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK) begegnet. Das MMK widmet sich jener bisher nicht erforschten Phase der 90er Jahre, als die Models wieder authentisch und ungezwungen sein sollten. Damals wurde die 15-jährige Kate Moss entdeckt, noch mehr Mädchen als junge Frau, die genau damit Furore machte. Die Kommerzialisierung des Körpers wollte man boykottieren – eine hehre Idee, die freilich längst von den Modefirmen kassiert worden ist. Doch seinerzeit fand eine „sweet revolution“ statt, so das Pariser Künstler- und Grafiker-Duo M/M. Nicht mehr Supermodels…