Johannes Meinhardt
Norbert Kricke
Zeichnungen und Skulpturen Galerie Edith Wahlandt,
29.1.-17.4.1988
Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob Norbert Krickes Zeichnungen nur Vorarbeiten und Darstellungen seiner vielfältigen Raumkurven und -strukturierungen zeigen könnten, verändert sich doch dabei nicht nur die Dimensionalität, sondern auch das grundlegende Verhältnis zum Raum. Der Raum der Skulpturen von Kricke ist ein anschaulich geometrischer Raum, der exemplarisch aufgebaut wird: Die plastische Linie des Rundstahls oder starken Drahts produziert eine Fläche, wenn sie geknickt oder gebogen wird; solche Fläche, nur indiziert und evoziert durch eine Art von “Rahmung”, kann erneut geknickt oder gebogen werden, so daß ein Raum geschaffen wird. Kricke spielt solche geometrische, aber auch “natürliche” Raumkonstitution in einem breiten Register durch: Seine Raumlinien gehorchen den rechtwinkligen Raumkoordinaten des geometrischen Raumes; oder sie arbeiten mit spitzen und stumpfen Winkeln und indizieren auf solche Weise nicht nur den leeren Raum als abgegrenzten Kasten, sondern die einzelnen Flächen, die ihn umhüllen; in einem weiteren Schritt schichtet Kricke parallele Linien übereinander, so daß sie eine senkrecht aufgerichtete Wand ergeben. Der methodisch nächste Schritt greift die gekrümmte Linie, die schon eine Fläche als ihr Medium voraussetzt, auf einer höheren Dimension auf: Krümmt sich die Fläche, impliziert sie einen Raum als Medium. Völlig reduziert läßt sich die Erfahrung dieser Implikation schon durch eine im Raum gekrümmte Linie erzeugen, durch eine Raumkurve, die in die dritte Dimension ragt und eine spezifische Torsion der Fläche erzeugt.
Diese vielfältigen Möglichkeiten, Raum zu evozieren, zu erzeugen und die Erzeugung als dynamischen Prozeß, als gerichtete Bewegung…