Nora Schattauer
Vernetzte, im besten Sinne organische Fortschreitungsgraphismen sind zu sehen. Es geht um gebaute, besser: Gewachsene Ordnungen, deren Systematik sich in der Regel jeweils einem leitenden Prinzip verdanken; zum Beispiel einem chemischen Prozess, den Nora Schattauer anstößt, wenn sie Mineralsalzlösungen auf Chromatographiepapier freisetzt. Die Pipette, mit der das geschieht, hinterlässt ihre Spuren in Punkten und Zeilen. Das ist sozusagen die ordnende Vorbereitung, die formale Organisation. Die Grundstoffe arbeiten und ergeben im wahrsten Sinne des Wortes zellulare Gebilde, die reaktiv miteinander verkettet sind. Sanft stoßen die einzelnen (gewachsenen) Elemente aneinander und scheinen noch nachzuzittern, wenn alles zur Ruhe gekommen und getrocknet ist. Augenblicke von Naturzuständen sind das, Schattauer plant, organisiert und realisiert, dann werden die Materialien freigelassen. Wenn man so will, sind das auch Versuchsanordnungen, ja, das Atelier darf man sich ruhig wie ein Labor vorstellen, ein ganz klein wenig Alchemie gehört auch dazu: Kristalle, Sulfate und Chloride treten auf als helfende Verbündete, bzw. als Ermöglicher. Die Bilder und deren ungewöhnliche Farbigkeiten fallen deutlich aus dem Rahmen. „Salze sind Farbstoffe, keine Pigmente“, sagt Schattauer, um ihr Verfahren bewusst abzugrenzen, denn: „Mich interessiert das ursprüngliche Vorkommen meines malerischen Materials, der Salze und ihr Eigensinn. Zu den Eigenschaften von Salzen gehört es, Farben zu bilden. Die Farbbildung ist komplex, es handelt sich um Verwandlungen.“
Von ‚malerischem Material’ war eben die Rede. In der Tat bewegt Nora Schattauer sich in einem medialen Zwischenbereich von Malerei und Zeichnung. Ihren mineralisch-organischen Reaktionsbildern, ihren „Ausblühungen“, um einen titelgebenden Terminus der Künstlerin zu zitieren, eignet etwas Malerisches, also…