Fragen zur Zeit
Noppe um Noppe
Kleine Sternchen und minimale Veränderungen
als Schritte in die Regression
von Michael Hübl
Spiel und Spleen liegen mitunter nahe beieinander. Statt an der Haltestelle Lalandia in den Bus zu steigen, um später am Bahnhof Vejle einen Zug nach Odense zu nehmen, oder einfach mit dem Auto zu fahren (Gesamtreisezeit in beiden Fällen: circa eineinhalb Stunden), sollen Kjeld Kirk Kristiansen und Mitglieder seiner Familie die gleiche Strecke wiederholt in ihren Privatjets zurückgelegt haben. 86,66 km Luftlinie per Flieger zu überwinden, ist unter ökologischen Aspekten nicht unbedingt die umweltfreundlichste Art der Fortbewegung. Zynisch ließe sich immerhin einwenden: eine Kleinigkeit, wenn man an Wirtschaftstycoons wie Jeff Bezos oder Richard Branson denkt, die sich mit Kurzstreckenflügen nicht zufriedengeben, sondern das Weltall als Reiseziel anpeilen.
Das Kurzflugverhalten des dänischen Milliardärs und seines Clans hat kurzzeitig einige mediale Aufmerksamkeit erregt,1 denn mit dem Flugzeug dauert es summa summarum wohl nur unwesentlich kürzer als mit Bus und Bahn. Nun besteht für Kjeld Kirk Kristiansen eine besondere, gewissermaßen autobiografische Beziehung zum Airport Billund: Der wurde 1962 auf Initiative seines Vaters unweit der heutigen Bushaltestelle Lalandia mitten im agrarisch geprägten Jütland angelegt und hat sich seither zum zweitgrößten Flughafen Dänemarks entwickelt.2 Denn Bill und hat eine Touristenattraktion: Legoland. Und einen Firmensitz: LEGO®.
Das mediale Echo auf die Reisepraktiken der dänischen Unternehmerfamilie gibt einiges von den gesellschaftlichen Veränderungen und dem sie begleitenden Mentalitätswandel zu erkennen. In den 1960er-Jahren mit ihrer konsumistischen Aufbruchstimmung wird es kaum jemanden interessiert haben, ob, wie oft und zu welchem Zweck Wirtschaftsakteure eine Cessna oder…