Hanne Weskott
Nikolaus Gerhart
Galerie Walter Storms, 15.9.-28.10.1989
Rosa do monte ist ein portugiesischer Marmor, der für seine Schönheit berühmt ist. Seine rosarote Farbe ist von schwarzen Adern durchzogen. Das verleiht dem Stein eine malerische Qualität, die einen so strengen Bildhauer wie Nikolaus Gerhart eher skeptisch macht. Aber neben der Reduktion der Gestaltungsmittel auf Eingriffe, die die Arbeit im Steinbruch bestimmen, hat Gerhart immer wieder eine begrenzt sozialhistorische Dimension seiner Arbeit betont. Wenn er Juragestein verwendet, dann interessieren ihn nicht nur die spezifischen Eigenschaften des Materials, sondern auch dessen Verwendung im Alltag und in der Architektur. Es geht ihm auch darum, Dekadenz und Pervertierung aufzuzeigen, wenn ein so lebendiges Material, das im Block eine jahrtausendalte Geschichte erzählen kann, nur noch als geschliffen dünne Platten für Treppen, Fensterbrüstungen und Wandverkleidungen vorkommt. Vor 10 Jahren bereits hat er eine “Riesenschlange” aus 15 Jurablöcken auf eine Wiese vor die Universität Regensburg gelegt, die neben ihrer intendierten Beweglichkeit, die er durch Zuspitzen, Aushöhlen und Drehen erreichte, auch die Lebendigkeit des Materials vor der öden plattenverkleideten Fassade in Erinnerung bringen sollte.
Wenn er heute rosaroten Marmor verwendet, dann interessiert ihn an diesem Stein eben auch eine historische Dimension. Nicht nur, daß dieser Stein wegen seiner faszinierenden Schönheit seit Jahrhunderten Bildhauer gereizt hat, sondern auch, daß farbiger Marmor ein wesentliches Gestaltungsmittel der Rokoko-Architektur war, und die schönsten Rokokokirchen stehen ja bekanntlich in Bayern. Nun wird jeder Kunsthistoriker einwenden, daß die Architekten des 18. Jahrhunderts nur wenig echten Marmor verwendet haben. Aus Kostengründen, wegen der Statik und vor allem wegen…