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Relektüren · von Rainer Metzger · S. 392 - 393
Relektüren , 2015

Rainer Metzger
Niklas Luhmann, Die Kunst der Gesellschaft

Relektüren, Folge 36

Der lange Sommer der Theorie“, den Philipp Felsch in seinem schönen Buch vom Frühjahr 2015 nacherzählt, war nicht zuletzt eine Sache geeigneter Kneipen. „Dispositive der Nacht“ hat Felsch sein diesbezügliches Kapitel überschrieben, man mochte es dunkel und feucht in den Biotopen, in denen die Revolte in die Hirne kroch. Klar, dass es Nörgler gab, die den speziell bundesdeutschen Diskursen diese Herkunft anzusehen meinten, besonders einige Adepten von Jürgen Habermas taten sich mit Verständnis- und Humorlosigkeit hervor. Die herrschaftsfreie Kommunikation, der sich der Haupt- und Staatsintellektuelle der Ära Helmut Schmidt verpflichtet sah, war auf Gelingen angelegt, und die durfte nicht in Frage gestellt werden von jener „Wegwerfsprache“, die man im Milieu am Werk sah. Felschs Erinnerungsbuch lässt sich diese Dogmatik auf der Zunge zergehen, um ihr einen Denker gegenüber zu stellen, der schon froh war, dass es so etwas wie Unterhaltung überhaupt gab. Niklas Luhmann ist dieser Denker, und er hat, sagt Felsch, schon früh den One-Night-Stand theroretisiert, weil dieser Sonderfall einer nächtlichen Begegnung alles enthalte, was Kommunikation ausmacht: Seltenheit, Verdichtung im Augenblick und die stete Gefahr, im Desaster zu enden.

Luhmann hat einen guten Leumund in den diversen intellektuellen Biografien, Rechenschaftsberichten und Reminiszenzen an die Frage „Was war Theorie?“, wie sie in der letzten Zeit erscheinen sind. Jochen Hörischs „Theorie-Apotheke“, die 2004 speziell auch die „Risiken und Nebenwirkungen“ aktuellen Denkens auflistete, benennt Luhmanns „Systemtheorie“ gar als „die angemessenste Analyse der späten Moderne“. Kein Wunder, dass da auch der Kunstbetrieb zugriff. Und Luhmann,…


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