53. BIENNALE VENEDIG: Länderpavillons
Niederlande: Fiona Tan
Kurator:Saskia Bos / Ort: Giardini
Fiona Tan – „Disorient“
„Disorient“ nennt Fiona Tan ihre neueste, speziell für die Biennale Venedig entstandene Videoinstallation, in der sie sich mit dem berühmten venezianischen Handelsreisenden Marco Polo beschäftigt. Ausgangspunkt ihrer Auseinandersetzung sind Polos Beschreibungen seiner Chinareise im 13. Jahrhundert. Bis heute prägt „Das Buch von den Wundern der Welt“ unser westliches Bild vom Orient (auch wenn Historiker den Bericht inzwischen nicht mehr als authentisches Dokument, sondern als Unterhaltungs- und Abenteuerroman einschätzen). In ihrer zweiteiligen Videoinstallation spürt Tan diesen Ursprüngen unseres inneren „Asien-Bildes“ nach. Sie entführt den Besucher in eine asiatische Wunderkammer, die vom Boden bis zur Decke gefüllt ist mit allem, was sich der Handelsreisende (und moderne Tourist) an „asiatisch/chinesischen“ Schätzen nur erträumen mag: Seidenstoffe, Teppiche, Skulpturen (zum Teil als Massenware), Porzellan, aber auch ausgestopfte Tiere, Heilmittel, Waffen, Laternen und selbstverständlich allerlei geheimnisvolle Objekte. Staunend streift das (Kamera-)Auge durch diesen „China-Shop“, den Fiona Tan übrigens tatsächlich im niederländischen Pavillon in den Giardini eingerichtet und dann gefilmt hat. Während man in die poetischen Impressionen dieser Wunderkammer eintaucht, lauscht man den vorgelesenen Reisebeschreibungen Marco Polos. Die hört man auch, wenn man sich dem zweiten Video der Installation zuwendet. Statt des opulenten Warenangebots werden hier orientalische Reiseimpressionen einer anderen Art geboten: moderne Filmaufnahmen aus den von Marco Polo beschriebenen Ländern. Die Filme stammen aus unterschiedlichen Quellen, verarbeitet wurde auch Nachrichtenmaterial. Jetzt kollidieren Bilder und Sprache, ist das Missverhältnis von Fakt und Fiktion unübersehbar. Man ist desillusioniert, oder, um das Wortspiel des Titels aufzugreifen,…