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Titel: Der gerissene Faden · von Jürgen Kurths · S. 64 - 69
Titel: Der gerissene Faden , 2001

JÜRGEN KURTHS UND UDO SCHWARZ
Nichtlineare Wissenschaften – neue Paradigmen und Konzepte

ZENTRUM FÜR DYNAMIK KOMPLEXER SYSTEME
UNIVERSITÄT POTSDAM

1 Einführung

Das 20. Jahrhundert wird häufig aus wissenschaftlicher Sicht als Jahrhundert der Physik angesehen. Relativitätstheorie, Quantentheorie oder Astrophysik sind bereits in der ersten Hälfte letzten Jahrhunderts entwickelte Marksteine der modernen Physik. Sie haben zu tiefgreifenden Einsichten in die Natur und zu weitreichenden Konsequenzen für die Gesellschaft geführt; als Beispiele seien nur Kernwaffen und Kernenergie, Kernspintomografen oder Transistoren genannt.

In den letzten 2 Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat sich mit der rasanten Entwicklung der Nichtlinearen Wissenschaften ein weiterer Umbruch vollzogen, der eine ausgeprägte Nachhaltigkeit in Wissenschaft und Technik ebenso wie in der Gesellschaft erwarten lässt. Die Nichtlinearen Wissenschaften werden auch als Nichtlineare Dynamik, Wissenschaft Komplexer Systeme oder etwas eingegrenzt Chaostheorie bezeichnet.

Wie so oft in der Wissenschaftsgeschichte war die Zeit reif für diesen Umbruch: die begrenzten Erklärungsmöglichkeiten mittels der traditionellen, also Linearen Wissenschaften wurden immer offensichtlicher und Computer eröffneten zuvor ungeahnte Möglichkeiten, komplizierte Gleichungen zu behandeln. Die Entwicklung dieser neuen Wissenschaftsdisziplin verlief aber – wie bei Umbrüchen üblich – keineswegs geradlinig, besser gesagt linear. Sie ist vielmehr durch ebenso überraschende wie produktive Kombinationen verschiedener Gebiete charakterisiert. So führten Spielereien auf dem Computer zur Neubewertung sogenannter mathematischer Monster (siehe Abschnitt Selbstähnlichkeit und Fraktale).

Gegenstand der Nichtlinearen Wissenschaften sind Systeme, die Komplexität in ihrer zeitlichen Entwicklung und räumlichen Struktur zeigen. Die nichtlinearen Wechselwirkungsterme liefern die entscheidende Voraussetzung für diese komplexen Strukturierungsphänomene. Darüber hinaus sind die Systeme in den meisten Fällen auch offen, d.h. es existiert ein reichhaltiger Energie- und…



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