Beate Passow:
»Nicht Vergangenheitsbewältigung, sondern Gegenwartsbewältigung«
Ein Gespräch von Alexander Braun
Beate Passow, Jahrgang 1945, ist eine der wenigen Künstlerinnen in Deutschland, die sich offensiv mit politischen Themen und Vergangenheitsbewältigung auseinandersetzt. Als “Wirtschaftswunderkind”, aufgewachsen zwischen Adenauer-Restauration und 68er Utopien, mißt sie ihre politische Gegenwart an der Geschichte und findet bis heute keinen trifftigen Grund, warum sich die dabei gemachten Erfahrungen nicht auch in Form von Kunstwerken niederschlagen sollten. Passow ist sich darüber bewußt, daß politische Kunst (im weitesten Sinn), anfechtbare Kunst ist, weil sie von anfechtbaren Inhalten handelt, was die Künstlerin trotzdem nicht dazu verleiten konnte, sich weiterhin an den kunstimmanenten – wie sie es nennt – “Sandkastenspielen” zu beteiligen. Die Möglichkeit des Scheiterns des angestrebten Diskurses vor Augen, setzt sie auf die Möglichkeiten des Kunstwerks, gesellschaftliche Prozesse transparent zu machen. Dabei verzichtet Passow weitgehend auf argumentative Mittel der Aufklärung – das ist das Feld politischer Magazine – und bedient sich statt dessen der sensiblen, häufig subversiven Inszenierung von Fundstücken. Die atmosphärische Brisanz beziehen ihre Arbeiten nicht aus der Übertragung von Realität in eine emotionale Fiktionalität, wie dies vergleichbar in den Werken von Christian Boltanski geschieht. Passows Motive bleiben stets authentisch, schließen die Realität aber nicht selten durch das widersprüchliche Zusammenspiel einzelner Elemente kurz. So gibt es häufig eine Wahrheit hinter dem ersten Eindruck, eine Lehre hinter der oberflächlichen Moral zu erschließen, die vermeintliche Gut- und Böse-Schemata in komplexe Maschinerien überführt. So ist z.B. Adolf Eichmann bei Beate Passow – ebensowenig wie bei Hannah Arendt – als Massenmörder par excellence von Interesse,…