Nezaket Ekici
Immer ich selbst, nie jemand anderes
Von Ronald Berg
Eine Frau hängt am Haken. Kopfüber baumelt die Gestalt in ihrem schwarzen Tschador, der orientalischen Ganzkörperverschleierung, an der Decke. Die Szene spielt in der Schinkelhalle des Theaterraums Potsdam. Die in ihre Zwangslage gebrachte Frau irritiert natürlich. In der gequälten Haltung deklamiert sie Sätze, die sie von den in ihren Händen gehaltenen Blättern abliest. Je länger das Geschehen dauert, desto mehr muss die Frau keuchen, sich anstrengen. Jeder der Zettel wird mit grimmiger Erleichterung auf den Boden geworfen. Mehr aus dem Körper als aus dem Mund der Frau herausdringend vernimmt man Aussagen aus dem Koran über den Gehorsam der Frau, hört Interpretationen über die Stellung der Frau im Islam. Aber es wird auch über Persönliches berichtet, wie das Fasten in der Familie als gemeinsames Ritual.
Die bizarre Aktion wurde im letzten Jahr noch einmal als Installation auf Schloss Roskow (Land Brandenburg) im Rahmen der Kunstausstellung „Rohkunstbau“ dokumentiert, wo eine Puppe die Frau am Haken in effigie vertrat. Durch die maroden Kellergewölbe des Barockschlosses gewann das Bild der hängenden Frau noch einmal eine besonders eindrückliche Note, weil die Räumlichkeiten sofort an Verliese und Folterkeller gemahnten. Performance und Installation stammen von der Künstlerin Nezaket Ekici.
Ekici wurde 1970 in der Nähe von Kırşehir ziemlich genau in der Mitte der Türkei geboren. Mit drei Jahren kam sie zusammen mit ihren Eltern nach Deutschland. Als Tochter aus einer sogenannten Gastarbeiterfamilie wuchs sie in Duisburg auf. In der Schule waren alle in ihrer Klasse Türken – bis auf die Lehrerin….