Dirk Schwarze
Nevin Aladag: Zugabe
»Spuren des Tanzes«
Kunstverein Göttingen, 19.1. – 9.3.2014
Nevin Aladag (Jahrgang 1972) war noch kein Jahr alt, als ihre Familie die Türkei verließ und nach Deutschland kam. Sie ist mit einer deutschen Identität aufgewachsen, hat bei Olaf Metzel an der Münchner Akademie studiert und hat zahlreiche Ausstellungen rund um die Welt realisieren können. Eigentlich spielen vor diesem Hintergrund ihr Herkommen und ihre nationale Zugehörigkeit keine Rolle. Doch immer wieder muss sie erleben, dass sie und damit auch ihre Arbeit auf ihre türkische Abstammung reduziert werden. Dabei ist diese scheinbar ursprüngliche Identität gebrochen, denn beide Eltern haben sowohl türkische als auch kurdische Vorfahren.
Die Absurdität des ewigen Fragens nach dem Herkommen hat die Künstlerin vor knapp drei Jahren mit dem Projekt „Border Sampling“ auf den Punkt gebracht, indem sie dem Bodensee mit wissenschaftlichen Methoden Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen entnahm, um scheinbar die Frage zu beantworten, ob und wie im Bodensee-Wasser Grenzverläufe und kulturelle Unterschiede der drei Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und Schweiz nachgewiesen werden können.
So wie in ihrer eigenen Biografie sind für Nevin Aladag die kulturellen Strömungen der verschiedenen Länder untrennbar verschmolzen. Das gilt nicht nur für die sich durchmischenden Gewässer, sondern auch für die festen Stoffe, denen die Künstlerin bildhaft Gestalt geben will. In ihrer äußerst vielfältigen Einzelausstellung des Kunstvereins Göttingen im Alten Rathaus zeigt Nevin Aladag unter anderem zwei Bilder, die vieles zugleich sind. Die Sportkundigen erkennen in ihnen sofort die grafische Struktur von Basketballspielfeldern. Die auf Kunst bedachten Besucher hingegen sehen in ihnen streng konstruktive…