Neuseeland
Dane Mitchell
Post Hoc
Kommissarin: Dame Jenny Gibbs Kurator*innnen: Zara Stanhope und Chris Sharp
Ort: Palazzina Canonica, Riva Sette Martiri
Eine der poetischsten Arbeiten der 58. Biennale Venedig ist zweifellos Dane Mitchells Projekt Post hoc. Allein die Idee ist atemberaubend – unfassbar schön und unfassbar traurig zugleich. Der 1976 geborene Neuseeländer hat Verlustlisten erstellt. Listen ausgerotteter Krankheiten, ausgetrockneter Steuerparadiese, verschwundener Archive, versunkener Inseln, verlorener Gedichte, ausgestorbener Tierarten, toter Sprachen, ausgelöschter Städte, geschlossener Kunstgalerien, verbotener Lebensmittelzusätze, verschollener Flugzeuge, vergangener geologischer Zeitalter, einstiger Feudalstaaten, geschlossener Glasbläsereien, überholter wissenschaftlicher Theorien … Mitchell hat es auf 260 solcher Listen gebracht. Die meisten hat er in jahrelanger Arbeit selber zusammengetragen, während der letzten eineinhalb Jahre haben ihn drei Forscher unterstützt.
Natürlich wissen wir alle, dass sich die Welt verändert. Dass Dinge verschwinden. Das war schon immer so – allerdings scheint sich das Tempo der Verluste rasant zu beschleunigen. So führt der Klimawandel zu einem dramatischen Artensterben: Nach jüngsten Expertenberichten sind von den geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit rund eine Million vom Aussterben bedroht. Auch die Digitalisierung lässt nicht nur Dinge verschwinden, sie macht auch ganze Produktionsstätten und die für die Produktion benötigten Werkzeuge überflüssig. Das Ausmaß dieser andauernden, sich immer weiter aufsummierenden Verluste ist unermesslich und nicht erfassbar, auch wenn heute moderne Speichermedien die Suche und Zusammenstellung erleichtern.
Mitchells Arbeit handelt von der schieren Unfassbarkeit dieses Verschwindens. Zugleich handelt sie von der großen Kraft der Wörter und Begriffe, die ja eben nicht mit den Dingen verschwinden. Über diese Worte ist das Verlorene präsent, sie evozieren Vorstellungen, rufen…