Peter Winter
Neues & Neuwertiges von Timm Ulrichs
Galerie kö 24, Hannover, 9.8.-26.9.1985
Sich seines Wertes bewußt, wirbt der 1940 in Berlin geborene Autodidakt, der in Hannover von 1959- 1966 Architektur studiert hatte, auf der Einladungskarte der Galerie kö 24 für sich mit einem Zitat aus dem Großen Brockhaus: »Ulrichs ist der erfindungsreichste Vertreter des Neo-Dadaismus in Deutschland.« Die Auswahl bekannter und unbekannter Dinge gibt Einblick in die Arbeit der vergangenen zwanzig Jahre. Eine Entwicklung im üblichen Sinne ist im recht vielfältigen Werk des stets schwarz gewandeten, hageren Ideen-Produzenten und Eulenspiegels nicht auszumachen. Recht früh fand er seine genuinen Themen und Problemfelder, die sich im Prinzip bis heute – vom Ansatz her – kaum geändert haben: Da ist das Vexierspiel mit Realität und Begriff, die Methode des Wortwörtlichnehmens, da sind die aus dem Geist der Tautologie geborenen Tafeln und Texturen, die Identitätsrätsel, die Standortbestimmungen und die Anpassungsmuster im Zwickel von Geographie, Biologie und artifiziellen Täuschungsmanöver.
Das Progressive und die Provinz: nachzuschlagen bei Gottfried Benn im Essay »Weinhaus Wolf«. Timm Ulrichs und Hannover, Hannover und Timm Ulrichs – das ist ein ganz besonderes Kapitel jüngster Stadtschreibung und flächenländlicher Kulturgeschichte, die fast schon der traurigen Schwitters-Resonanz an der Leine gleichkommt. Wie sagt doch unser Kalendermann? Der Prophet im eigenen Lande spielt bloß die Rolle einer Konterbande.
Mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kunstrichtung, etwa der Concept Art, hat der flexible Aktivist, der sich einmal in einer Zeitungsanzeige mit dem Schwitters-Geschöpf Anna Blume verlobt hatte, nichts im Sinn. Wie er seine Etikettierungen modifizierte (in den sechziger Jahren…