Marius Babias
Neuer Akademismus
Die selbstruinöse Politik der Hochschule der Künste Berlin
Der provinzielle Ruf, der seit Jahrzehnten an Berlin klebt, hat in exemplarischer Weise mit der Ausbildungssituation an der Hochschule der Künste (HdK) zu tun, und die ist, besonders seit Inkrafttreten der neuen Prüfungsordnung im SS 87, ähnlich deprimierend wie das Autoritätsniveau, sowohl in künstlerischer als auch in pädagogischer Hinsicht, der dort lehrenden Professoren. Die neue Prüfungsordnung, vom damaligen Wissenschaftssenator Kewenig im Rahmen einer allgemeinen Berliner Studienverschärfung durchgedrückt, sieht, im Gegensatz zu früher, bereits nach 10 Studiensemestern eine Zulassungsprüfung zur Meisterschülerprüfung vor. Nur wer hier besteht, kann nach 12 Semestern zur eigentlichen Meisterschülerprüfung antreten. Mit diesem selektiven Splitting-Verfahren wurde der konservativen bis reaktionären Mehrheit der Professorenschaft bewußt ein Sanktionsinstrumentarium an die Hand gegeben. So wundert es nicht, daß seit SS 87 reihenweise Studenten, besonders solche, die sich experimentell mit zeitgerechten künstlerischen Verfahren, z. B. mit Environment und Installationen beschäftigen, durchfallen. Wobei ‘durchgefallen’ im abstrusen Jargon der neuen Prüfungsordnung heißt: “Bestanden ohne künstlerischen Erfolg.” Und selbst dieses Etikett kann verweigert werden, unter Umständen erlangt man überhaupt keine Qualifikation.
Wundert es noch, daß der Dekan am Fachbereich l (Freie Kunst) Peter Müller experimentell arbeitende Studenten als “abkupfernde Spinner” bezeichnet? Diese Äußerung, die selbst im Fachbereichsrat auf Widerspruch stößt (siehe Interview Prof. Kerber), ist ebenso lächerlich wie selbstentlarvend. Sie kann aber auch als emblematisch für den Zustand der meisten Privatgalerien und der öffentlichen Institutionen (besonders der Kunsthalle, wo unter der Ägide von Dieter Ruckhaberle eine grausige Mittelmäßigkeit regiert) gelten; mit dem ‘Kritischen Realismus’ in den…