Jürgen Raap
Neue Editionen aus der DDR und BRD
Galerie Zimmermann-Franken, 3.12.1988-19.1.1989
Die siebziger Jahre hatten uns vor eine Flut auflagenstarker Massen-Editionen von Grafik und multiples beschert; Arbeiten der künstlerischen Großmeister wurden damit auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich; allerdings wurde der Begriff “Edition” damit auch so stark strapaziert, daß er schließlich mit Geringschätzung bedacht wurde: Nicht zu Unrecht galt manches als Ausschuß oder Nebenprodukt innerhalb des Gesamt-Oeuvres eines Künstlers.
Zwei Galerien in Köln bemühen sich, der “Edition” zu neuem Image zu verhelfen, sie als eigenständige künstlerische Disziplin aufzuwerten, und nicht einfach als multiplizierte Grafik anzubieten. Armin Hundertmark, dessen Programm die sechziger Jahre zum Schwerpunkt hat, und Olaf Zimmermann mit seiner Partnerin Brigitte Franken, die ausschließlich junge Künstler aus den achtziger Jahren vertreten.
Ingo Wegerl z um Beispiel verbindet Holz- und Linolschnitt miteinander, zieht auch die Lithographie heran, und als Druckvorlage dienen ihm Zeitungsseiten, die schließlich noch per Hand übermalt werden. Auffällig ist der Monotypie-Effekt mancher Blätter. Thema der Mappe “Von wenigen Menschen”: Foltermethoden beim Verhör politischer Gefangener. Nicht nur Wegerl, auch andere Künstler im Verlag von Zimmermann-Franken beziehen sich deutlich auf die Tradition des Holzschnitts in den zwanziger Jahren, auf die Mappenwerke des späten deutschen Expressionismus in jener Zeit, in denen künstlerisches Anliegen mit politischer Agitation verbunden war. Vor allem die DDR-Künstler, die im Programm vertreten sind, beweisen, daß im anderen Deutschland der Holz- und Linolschnitt größte Wertschätzung genießen. Wobei die Beschaffung und Verwendung des Materials höchsten Einfallsreichtum erfordern; als Zeichen- und Druckpapier dient oft Einwickelpapier für Blumengeschäfte, im DDR-Jargon “Gärtnerpack” genannt, die…