Helga Meister
Neanderthal
Am 10. Oktober wird das Neanderthal Museum eröffnet, im Beisein des Bundespräsidenten, aber ohne den Neanderthaler; das Original bleibt im Bonner Landesmuseum.
Das neue Haus, ein paar Schritte vom kleinen, ärmlichen Altbau entfernt, sieht sich nicht als Herberge einer umfangreichen Sammlung. Es weist alles Museale weit von sich. Es erhält zwar einige authentische Stücke als Dauerleihgaben, aber die dienen dem neuen Hausherrn Gerd C. Weniger lediglich als Beweisstücke einer Erzählung von der allmählichen Entwicklung des Menschen. Dazu taugen auch Reproduktionen, Inszenierungen, Filme, Bilder, Audiosysteme und PC-Infostände.
Jeder Besucher erhält mit der Eintrittskarte einen Kopfhörer. Über den Walkman geht es zum Small talk zwischen einem jungen und einem alten Arbeiter in der fiktiven Knochenhöhle. Das Gespräch wird durch die Spitzhacke auf steinhartem Boden, durch Scharren und Schaufeln akustisch untermalt.
Wer tiefer “schürfen” will, muß sich in das bereitstehende Programm einschalten, vernimmt Dialogfetzen und kleine Geschichten. Er lernt die Robustheit und Intelligenz dieses Menschentypen schätzen, der sich als erster dauerhaft auf unserem immer kälter werdenden Kontinent aufgehalten hat.
Das Haus versteht sich als “Erlebnismuseum”, nicht als Fundgrube. 140 Jahre nach der Entdeckung des Neanderthalers erhält der Altmensch keineswegs ein neues Heim, das Thema der Ausstellung und die Form des Gebäudes sind vielmehr die Evolution des Menschen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Architektur.
Der Bau von Günter Zamp Kelp, einem Gründungsmitglied der inzwischen aufgelösten Architektur-Rebellen von “Haus Rucker Co”, ist als Spirale angelegt. Der Weg führt aufwärts, er ist nicht so steil wie im Guggenheim-Museum. Es geht gemächlich aufwärts, über mehrere hundert Meter hinweg. Am…