Naturgeschichte der artifiziellen Welt
CHRISTIANE FRICKE IM GESPRÄCH MIT REGULA DETTWILER
Christiane Fricke: Sie sind gebürtige Schweizerin (Jahrgang 1966), leben in Wien und zählen wohl inzwischen zu den am besten orientierten Kennern des Angebotes an Kunstblumen. Von 1991 bis 1996 haben Sie Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studiert. Seit 1995 befassen Sie sich mit der zeichnerischen bzw. malerischen Inventarisation von zerlegten Plastik- und Seidenblumen sowie von Plastiktieren, die Sie in einer “Neuen Naturgeschichte der artifiziellen Welt” zusammenführen. Können Sie mir zunächst einmal sagen, warum Sie die Bildhauerei zugunsten der extrem langwierigen, detailreichen Arbeit mit dem Aquarellpinsel und der Radiernadel aufgegeben haben?
Regula Dettwiler: Inhaltlich kreisen meine Arbeiten schon länger um Simulation von “Natur”. Die Bildhauerei habe ich nicht wirklich aufgegeben. Ich arbeite in verschiedenen Medien, das können Installationen, Fotos oder auch Arbeiten sein, die am Computer entstehen. Wichtig ist für mich der konzeptuelle Ansatz.
Sie können mit Rücksicht auf Ihr Augenlicht nicht länger als vier Stunden am Tag arbeiten und sitzen auf diese Weise bis zu zwei, drei Wochen an einem Bild. Inzwischen verbindet Sie schon eine Art Haßliebe zu den Blättern. Sie haben mir erzählt, daß es Sie irrsinnig viel Überwindung und Mühe kosten würde, die Arbeiten auszuführen, weil Sie eigentlich ein eher ungeduldiger Mensch seien. Welches Interesse leitet denn Ihre minuziöse, mühevolle Fron? Ist das eine Art Therapie?
Nein, als Therapie würde ich meine Arbeit nicht bezeichnen. Ich habe mich schon immer für Botanik interessiert und nachdem ich entdeckt hatte, daß es sich bei den künstlichen Blumen um kreative…