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Gespräche mit Künstlern · von Uta M. Reindl · S. 360 - 363
Gespräche mit Künstlern , 1993

Uta M. Reindl
Nationaler Internationalismus oder internationaler Nationalismus

Uta M. Reindl sprach mit JÅrg Geismar und Adem Yilmaz über Ihr Biennale-Projekt »inbetween«

U. M. R.: Direkt neben dem Haupteingang der 45. Biennale habt ihr eure Arbeit installiert: 45 Vitrinentische mit Arbeiten von 45 Künstlern aus 45 Ländern. Verweist der Titel “Inbetween” auf die Unabhängigkeit der Arbeit?

Geismar: “Inbetween” verweist auf das, was “dazwischenliegt”, auf ein Mittelding “zwischen etwas”. Ein Gespräch zum Beispiel ist “inbetween”. Dieses Dazwischen kann Konflikte auslösen. “Inbetween” von Schwarz und Weiß, der Frau und dem Mann. Unsere Arbeit stellt das, was zwischen Nationen ist, was sie verbindet und was sie trennt, das heißt Nationalismus und Internationalismus, zur Diskussion.

Yilmaz: In Venedig findet die hohe Kunst statt, während 200 Kilometer davon entfernt Frauen vergewaltigt und Kinder ermordet werden. Im Hafen der Stadt liegen Kriegsschiffe. Ist das nicht paradox?Wir wollten im internationalen Rahmen der Biennale, in diesem Wettbewerb, der einer Olympiade gleicht, ein Projekt realisieren, das weder im Museum noch in irgendwelchen Ausstellungsräumen stattfindet, sondern “inbetween”. Es sollte eine Arbeit sein, bei der alle Assoziationen von Unterschieden nationaler, geschlechtlicher und anderer Art verschwinden. Sie sollte anonym sein, somit fehlten alle üblichen Kunstmarktinformationen: Künstlername, Herkunft, Preise. Kunst an einem Ort, an dem alle Länder auf ihre Fahnen geschrieben haben, daß sie die beste Kunst und nur namhafte Künstler zeigen. Die Kunst sollte unbelastet für sich stehen, und der Betrachter sollte hier umgekehrt vorgehen: erst sehen und später danach forschen, von wem die Arbeit sein könnte. Er tappt im dunkeln, und seine Sinne werden…


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