CHRISTIAN HUTHER
nation
Frankfurter Kunstverein, 14.5. – 3.8.2003
Die Flagge scheint einen Farbstich zu haben. Statt der britischen Nationalfarben Rot und Blau trägt sie Grün und Orange. Das sind die Komplementärfarben zu Rot und Blau, aber auch die Farben der irischen Flagge. “Oxymoron” hat Mark Wallinger seine vor dem Frankfurter Kunstverein wehende Fahne genannt, also zwei sich widersprechende oder ausschließende Kräfte. Dieses textile Versöhnungsangebot von 1996 ist ein Hinweis darauf, dass sich im Kunstverein alles um die “nation” dreht – in bewusster Kleinschreibung, um nicht auf die deutsche Sprache eingeengt zu sein. Der Begriff Nation ist keineswegs veraltet, spielt er doch eine wichtige Rolle im Bereich politischer Repräsentation – heute wohl mehr denn je, denn in Zeiten der Globalisierung grenzt man sich gern durch den Verweis auf nationale Besonderheiten wieder ab.
Das Globalisierungs-Thema hat Kunstvereins-Leiter Nicolaus Schafhausen in den letzten Jahren von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Nun lud er rund 30 vorwiegend jüngere Künstler dazu ein, sich mit der Idee der Nation zwischen Identitätssuche und Patriotismus auseinander zu setzen. Dabei handelt es sich keineswegs um repräsentative Staatskunst, wogegen sich ja auch diejenigen Künstler wehren, deren Werke in die Bundeskunstsammlung (oder ähnliche staatliche Kollektionen) einziehen. Zudem leben nur wenige der von Schafhausen Eingeladenen noch in dem Land, in dem sie geboren wurden – sie sind international orientiert. Diese räumliche Distanz zur Heimat kann hilfreich sein für den Blick auf das eigene oder fremde Volk. Bewusst verzichtet der Kunstverein auf Angaben über Herkunft oder Lebensorte der Künstler und will damit das vorschnelle Urteil des Betrachters über…