Helga Meister
Natalie Czech
An der Stelle des Werks
Welche optischen Möglichkeiten gibt es, damit die Zeit stille steht? Wie kann ein Künstler Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bildlich fassen, ohne sich der fließenden Bewegung des Films zu bedienen? Was geschieht mit aktuellen Bildern, wenn man ihnen die konkreten Eigenschaften raubt? Was wird mit dem „Mann ohne Eigenschaften“, wenn ihm alle Adjektive, alle Beiworte und Zugaben entfernt werden? Natalie Czech verwendet die Fotografie nicht als Gattung, sondern als ein Material neben anderen. Immer sucht sie nach einem angenommenen Stillstand der Zeit. Dafür fand sie 2007 ein wunderbares Motiv, den Staub.
Bei ihrer Arbeit „Depots“ interessiert sie sich dafür, ob es anhand der Fotografie möglich ist, diese „Nicht-Zeit“, in der die Kunstwerke in den Museumsdepots schlummern, festzuhalten. In Museen, Galerien und bei Künstlern hinterlegte sie 48 nummerierte und geöffnete Glasdiarahmen, so dass sich Staub und Schmutzteilchen ablagern konnten. Wöchentlich schloss ein Mitarbeiter einen Glasdiarahmen und fixierte die Partikel. Im Laufe von 48 Wochen sammelten sich 48 mengenmäßig differierende Staubschichten zwischen den beiden Glasscheiben. Anschließend benutzte sie all diese feinsten, festen Teilchen als Glasnegative für die Vergrößerung. Während der Glasdiarahmen normalerweise vor der Beschädigung des Dias durch Staub schützt, ist der Staub hier das Thema, das Zeichen verstreichender Zeit. Ein humoriges Thema allerdings, denn diese Staub-Bilder demonstrieren zugleich den Zustand, in dem die Gemälde und Skulpturen normalerweise in den Depots vor sich hin dämmern. Als Schlaf des Schönen, das die Zeit überdauert.
In zwei weiteren Depots installierte sie einen Vergrößerer, um ein einziges, sich stetig veränderndes Staubbild…