Claudia Posca
Narren, Künstler, Heilige
»Lob der Torheit«
Bundeskunsthalle Bonn, 31.8. – 2.12.2012
Es gibt Chaos in der Welt, daran besteht kein Zweifel, ist doch das Knistern zwischen Himmel und Erde, zwischen Frau und Mann, zwischen Schwarz und Weiß – im alltäglichen Leben nicht minder als im Dunkel von Traum und Ekstase – ausgesprochen präsent. Was andererseits einschließt, dass dieser prekären Polarität ebenso auch ein harmonisches In- und Miteinander von Yin und Yang zu Grunde liegt. Nicht von ungefähr ist das der chinesischen Philosophie entstammende Bildsymbol zweier sich zur Einheit ergänzender Hälften zu einem populären Schmuck-Amulett westlicher Alltagskultur avanciert, symbolisiert es als Rund ohne Anfang und Ende doch den Wunsch, zusammen zu halten, was beständig auseinander zu driften droht. Und so hat der moderne Mensch jenseits von Vision und Götter-Pantheon – bewusst oder nicht – selbst im entzauberten Zeitalter von Cyberspace und Pixeln so ganz wohl nicht die Sehnsucht nach kosmischer Ordnung bzw. nach deren Hütern aus den Augen verloren, was daran liegen mag, dass die im tiefen Grunde ihrer Genesis wunderbar sich ergänzende Disparität des Lebens verlockend Einheit und Frieden verspricht – trotz jenes in ihr selbst verorteten Kontrastprogrammes von Chaos und Unordnung.
Künstler insbesondere sind diesem zwischen positiver Kraft und zerstörerischer Macht beheimateten Wirken in Zu- und Widerspruch von jeher auf der Spur gewesen, dabei nicht wenig auf den Pfaden einer ästhetischen Anthropologie wandernd, was im 20. Jahrhundert – nicht zuletzt befördert durch die bahnbrechende New Yorker Ausstellung „Primitivism in 20th century“ – die so genannte „Primitive Kunst“ und deren Gespür…