Hanne Weskott
Nancy Spero
Barbara Gross Galerie, 16.9.-22.10.1988
Nancy Spero, Jahrgang 1926, hat am Art Institute of Chicago und an der Ecole des Beaux-Arts in Paris Kunst studiert. Eine ihrer ersten, aber kaum bekannten Bilderreihen entstand in Paris, die “Schwarzen Bilder”. 1964 ging sie zurück nach Amerika. Ab 1966 beginnen die “War-Series”, in denen sie ihren Protest gegen den Krieg in Vietnam malerisch formuliert. Der grausame Kreislauf dieses und jedes Krieges wird von ihr in “Licking the Bomb” poetisch-drastisch zum Ausdruck gebracht. Im zwei Jahre später entstandenen “Helicopter, Pilot, Victims, Eagle” ist die ganzheitliche Bildfindung einer analytischen Betrachtung gewichen: Die Staatsmacht, verkörpert im Adler, und ihr Apparat, Helikopter und Pilot, werden den Opfern gegenübergestellt. Nancy Spero hatte damals zu ihrem großen Themenkreis gefunden: Die Weltgeschichte ist nicht nur eine Geschichte der Kriege, sondern auch eine der Frauen. Weil sie nur in wenigen Ausnahmen aktiv an den Kämpfen beteiligt sind, stehen sie immer auf der Opferseite. Sie dürfen die Verwundeten pflegen und das Leben in Gang halten. Aber wenn die Helden heimkehren, müssen sie ihren Platz in der Außenwelt wieder räumen. Die Folge dieser Kriegsgeschichte, in der der Frieden immer nur ein mehr oder weniger langes Zwischenspiel war, ist ein mangelndes Identitätsbewußtsein der Frauen.
Für Nancy Spero sind das unbestreitbare Tatsachen. Mit ihren Bildern will sie nicht die Geschichte umschreiben, sondern ihr ein wesentliches, die Jahrhunderte überspannendes Kapitel hinzufügen: Die Weltgeschichte als Geschichte der Frauen. Das ist eine Geschichte der Opfer, aber auch des Überlebens. Ohne Angst vor Tabus wird das alles niedergeschrieben. Aber…