Dortmund
Nam June Paik
I Expose the Music
Museum Ostwall im Dortmunder U 17.03.–27.08.2023
von Reinhard Ermen
45. Biennale di Venezia 1993, Hans Haacke hatte im deutschen Pavillon die Bodenplatten im Hauptraum herausreißen und den Abraum locker auf den Boden verteilen lassen, auf dem Halbrund der Apsis prangte der Schriftzug „GERMANIA“. Man ist versucht, sich zu dieser bildmächtig angeschlagenen Erhabenheit eine entsprechende Musik zu denken; warum nicht das Vorspiel zu „Rienzi“. Doch Wagner war weit weg, Nam June Paik, der zweite Mann von 1993, hatte das Haus umstellt, eine TV Karawane geisterte durchs Gelände und aus den beiden Seitensälen schwappte ein nervöser Soundtrack hinüber ins todernste Mittelstück. Im idealtypischen Kontrast zur Steinwüste mit Ansage gab es rechts und links eine bunte Mixtur aus Paiks Archiv, also Beuys, Cage, Moorman, Joplin oder Bowie, etwas vom Living Theatre, Kultisches aus der Mongolei und tropische Fische. Der Videosynthesizer mischte mit. Die Akustik kam als unabhängige Schicht dazu, Short Cuts rockig, poppig und laut. Ein Zufallsgenerator regelte dieses mediale Wetterleuchten aus vier Kanälen, das 42 Projektoren in die Räume warfen. Für den Pavillon gab es seinerzeit einen goldenen Löwen, Haackes ikonisches Szenario ging als repräsentatives Bild ins kollektive Kunstgedächtnis ein, Paiks Beitrag wurde fast vergessen. 30 Jahre danach ist diese „Sistine Chapel“ erstmals in Deutschland zu sehen. Jon Huffman, der bereits 1993 die technische Einrichtung in Venedig betreute, hat Paiks elektronische Kapelle 2019 für die Tate Modern reaktiviert und jetzt für das Museum Ostwall eingerichtet. Die auf einen großen Saal konzentrierte Version ist überwältigend, – um es…