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Titel: Die Zukunft des Körpers I · von Aziz und Cucher · S. 172 - 175
Titel: Die Zukunft des Körpers I , 1995

Aziz + Cucher
Nachrichten aus Dystopia

Das Medium ist nicht die einzige Botschaft.

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Das menschliche Genomprojekt wird als größter wissenschaftlicher Fortschritt der Menschheit ausgegeben, das in seiner Bedeutung die Entdeckungen von Newton, Darwin und Einstein überragt. Wenn aus der Biologie ausschließlich eine Funktion des genetischen Codes gemacht wird, dann wird sie nur zu einem anderen Bereich der Kommunikationsforschung.

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Die gegenwärtige Begeisterung über die Entwicklung der Kommunikationstechnologien scheint in einem blinden Fortschrittsglauben eingebettet zu sein, der genauso naiv ist wie derjenige, den die vorhergehende Generation gegenüber der Atomkraft und dem Raumzeitalter gehegt hatte.

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Einige Menschen glauben, daß diese Technologien unbeschränkte Möglichkeiten für eine Rekonfiguration des Selbst bieten und sagen sogar die Möglichkeit einer ontologischen Veränderung in der Wirklichkeit der Natur voraus. Sie scheinen zu vergessen, daß es im Cyberspace nur um Repräsentationen geht und daß diese daher – in weitaus größerem Maße als das “wirkliche Leben” – durch die Grenzen der Sprache und durch die Unangemessenheit einer Technologie beschränkt werden, die bislang nur “Wortbilder” oder schematische Entwürfe produzieren kann.

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Mit den Fortschritten in der digitalen Technologie und der Robotik entsteht eine Verbindung zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen. Ähnlich hat die aktuelle photographische Praxis den Bereich der Imagination betreten und feiert das Virtuelle und Fiktive.

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Mit dem Ende der Wahrheit in der Photographie ist überdies ein damit verbundener Vertrauensverlust eingetreten; jedes Bild, jede Repräsentation, ist jetzt eine potentielle Fälschung. Und während die ewige Auseinandersetzung sich um die Erscheinung von Wahrheit und um die Wahrheit selbst dreht, ist die Simulation die einzige Wahrheit, auf die wir uns verlassen…


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