Peter Funken
Nachbarschaften – in Berlin (West), West-Berlin, Westberlin
Haus am Lützowplatz, Berlin, 13.11. – 20.12.2009
Mit dem Mauerfall vor 20 Jahren endete auch die politische Einheit West-Berlins und bot Anlass für eine Gruppenausstellung im „Haus am Lützowplatz“, die dessen Leiterin Karin Pott kuratiert hat. Der Untertitel „Berlin (West), West-Berlin, Westberlin“ leitet sich von der Uneinheitlichkeit in der Orthografie her: Die amtliche westdeutsche Bezeichnung war Berlin (West), was in der Umgangssprache zu West-Berlin umgeformt wurde. In der DDR war von der selbständigen politischen Einheit „Westberlin“ die Rede, dies im Gegensatz zu “Berlin, Hauptstadt der DDR“, die im Westen Ost-Berlin hieß. In Zeiten des Kalten Krieges konnte man allein an der Schreibweise Herkunft oder politischen Standort eines Textes bestimmen. West-Berlin war „Frontstadt“, später „Schaufenster des Westens“ und neben manchem anderen eine lebendige Kunststadt. Anders als etwa in Köln oder Düsseldorf war der Kunstmarkt jedoch nur gering entwickelt, doch dafür entstanden hier spezielle Soziotope, Nischen und Eigenheiten, wie sonst nirgends in der BRD. Typisch war zudem das bunte Kneipenleben ohne Sperrstunde, eine Freiheit von der Bundeswehr, preiswerte Altbauwohnungen und Fabriketagen, die Kommune 1, die Filmfestspiele, markante Verlage wie Merve oder Karin Kramer oder das DAAD-Künstlerprogramm, um nur dies aufzuzählen – und insgesamt eine urbane, seltsam dunkle und zuweilen anarchische Atmosphäre, in der Geschichte hautnah erlebbar blieb. Es war eine Stadt der Paradoxe, die Großstadt des Provinziellen und zentraler Ort des Kalten Krieges. West-Berlin – so der Wiener Philosoph Walter Seitter – war zu Mauerzeiten die deutsche Stadt, die nicht mittelmäßig und langweilig war. Außer…