RAINER METZGER
Nach Kippenberger
MUMOK, Wien, 12.6. – 31.8.2003
Gerade hat Werner Busch ein Buch über Caspar David Friedrich herausgebracht. Busch fand es nötig, den vielen Publikationen noch eine hinzuzufügen, denn die meisten seiner Vorgänger, so der Verfasser, betrieben “selbst das Geschäft der Frühromantiker, sie romantisieren und ästhetisieren, anstatt die Art der Ästhetisierung zu analysieren.” So gesehen wäre der Unmenge an Gedrucktem, das man Martin Kippenberger zu Lebzeiten und posthum angedeihen ließ, ebenfalls zumindest ein weiteres hinzuzufügen. Auch bei Kippenberger wird eher romantisiert und ästhetisiert als analysiert.
Und das vor allem in zweierlei Hinsicht. Die einen schreiben buchstäblich Romane, Besinnungsaufsätze leidlich fiktiven Charakters, die tunlichst offen halten, ob der Kippenberger, der darin vorkommt, nun wirklich gelebt hat oder der Imagination derjenigen Person, die sich von ihm affiziert fühlte, entstammt. Im Wiener Katalog wird eine solche literarisierende Praxis beispielhaft im Einleitungstext von Eva Meyer-Herrmann betrieben. Die anderen definieren, stellen Begriffe klar und machen deutlich, auf welcher Ebene der Reflexion man so prekäre Dinge wie etwa Moral zu betrachten habe, damit sie zu Kippenberger passen. Diedrich Diederichsen exerziert dies im Katalog anhand eines Paradeproblems des Künstlers durch und steigt gleich ein mit der nachgerade klassischen Formulierung: “Der Begriff des Selbstdarstellers gehört heute zu den ebenso beliebten wie unklaren Ausdrücken des kulturjournalistischen Alltags”. Beide Positionen bringen zum Ausdruck, dass all das Über-die-Stränge-Schlagen und Welt-bei-Laune-Halten, Arschloch-Spielen und Charmebolzen-Abgeben, dass all das Bohemienhafte, ebenso Großzügige wie Redundante künstlertypisch und künstlertopisch ist und auf jeden Fall kommentarbedürftig.
“Nach Kippenberger”, die Wiener Ausstellung, die anschließend ans van Abbe Museum in Eindhoven…